Die drei ??? - Erbe des Drachen (2023)

Im Gruselschloss der Langweile

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Die Historie der in Deutschland so erfolgreichen Franchises um Justus Jonas (im Original Jupiter Jones), Peter Shaw und Bob Andrews ist vielleicht spannender als so mancher Fall, den Die drei ??? in ihrer Karriere schon lösen mussten. Ursprünglich wurde sie von einem US-Autor namens Robert Arthur schon im Jahr 1964 erdacht und von ihm selbst bis zu seinem Tod 1969 weitergeführt. Irgendwann blieb der Erfolg in den USA aus, während der in Deutschland unvermindert weiter wuchs. So kaufte der deutsche Verlag schließlich die Rechte und führte die Reihe in jene Sphären der Begeisterung, in denen man sich mit dem Franchise bis heute bewegt. Etwa 17 Millionen Büchern stehen circa 45 Millionen verkaufte Hörspiele gegenüber, mit denen die langjährigen Sprecher um die bekannten Synchron-Stimmen Oliver Rohbeck und Andreas Fröhlich sogar schon seit einigen Jahren live auf Tournee gehen. Lediglich die Umsetzung der Geschichten als Film hat bislang nicht so funktioniert, wie sich Verlag und Filmemacher das vorgestellt haben. Eine 2007 begonnene, geplante Trilogie wurde nach dem zweiten Film eingestellt, und nun kommt ein weiterer Versuch in die Kinos, der die Fans ebenfalls nicht abholen dürfte. Woran liegt es?

Jedenfalls nicht an den Darstellern. Julius Weckauf, Nevio Wendt und Levi Brandl mache ihre Sache als Justus, Peter und Bob sehr anständig und arbeiten die kleinen charakterlichen Besonderheiten ihrer Figuren sichtbar heraus. Justus, der Anführer mit dem untrüglichen Sinn für Verbrechen, aber auch einer stetigen leichten Arroganz. Peter, der körperlich größte und stärkste der drei, der aber auch am leichtesten auf potenziell übernatürliche Phänomene anspringt. Bob, der kühle Analytiker, der die Gruppe mit seinem Blick fürs Wesentliche immer wieder zusammenhält. Diese Steckbriefe hat Regisseur und Co-Drehbuchautor Tim Dünschede mit seinen jungen Schauspielern gut umgesetzt, Die drei ??? sind für Fans sofort zu erkennen.

Allerdings entschied sich Dünschede auch, keines der mittlerweile mehr als 220 Bücher als Vorlage zu nutzen, sondern für Erbe des Drachen eine eigene Story zu verfassen, die in einem rumänischen Schloss spielt und sein Gruselpotenzial aus der Legende von Vlad Dracul und dem alten Gemäuer ziehen soll. Das gelingt nur in sehr begrenztem Maße. Denn das redundante, nächtliche Herumschleichen der drei jungen Helden ermüdet das Publikum bald, statt mit Atmosphäre oder Spannung zu überzeugen. Dünschede drehte mit Die drei ??? seinen ersten Kinderfilm und ist offenkundig ein wenig zu besorgt, die zarte Kinderseelen zu verschrecken. Der Spannungsbogen ist derart sanft angelegt, dass er bereits Fans, die aus dem Grundschulalter heraus sind, nicht mehr in Anspannung versetzen kann. Dass Dünschede dazu den Kreis der Verdächtigen, von denen einer die Dreharbeiten für einen Film nutzt, um im Schloss nach einem Schatz zu suchen, sehr übersichtlich gehalten hat, hilft der Story ebenfalls nicht weiter – zu klar dürfte den meisten Zuschauer:innen bald sein, wer hinter den nächtlichen Aktivitäten wirklich steckt.

Nun stehen auch die dünnen Romane der Serie nicht in dem Ruf, wirkliche Berührungspunkte mit ansprechender Literatur zu haben, sind mehrheitlich routiniert heruntergeschriebene Fälle um Diebstahl oder dem Verschwinden von Personen. Aber sie funktionieren innerhalb des drei ???-Universums vor allem durch Running Gags und andere, sich wiederholende Plotpoints und Figuren, die langjährige Leser:innen schon kennen – und durch liebgewonnen haben. Davon ließen sich Dünschede und Mitautor Anil Kizilbuga leider nicht inspirieren und verzichten auf die Chance, Fans des Trios mit Easter Eggs und Anspielungen bei Laune zu halten – wenn schon die holprig gefilmte Geschichte um die Nachkommen von Vlad nicht wirklich zünden will. Erst in der letzten Minute des Films wird dem Publikum eine Art Schrein präsentiert, in dem sich Utensilien zu bekannten Fällen der drei ??? befinden – deutlich zu spät, um daraus noch Kapital zu schlagen. Dass der Plot noch einen ebenso großen wie unglaubwürdigen Streit zwischen den Jungs vorsieht, damit zumindest so noch ein wenig Dynamik in die Handlung kommt, spricht auch für sich.

Es ist zwar durchaus denkbar, dass ganz junge Kinobesucher:innen sich von den Vorgängen im Gruselschloss gut und spannend unterhalten fühlen. Langjährige Fans aber dürften von der relativ langweiligen Story ohne große Berührungspunkte mit der reichen Historie der Reihe eher enttäuscht sein. Der mäßig interessante Fall hat sein Begeisterungspotenzial jedenfalls schon deutlich früher ausgeschöpft, als es für die Laufzeit von 100 Minuten nötig gewesen wäre. Und die bieder-routinierte Inszenierung trägt auch nicht dazu bei, den Unterhaltungswert zu steigern. Daran ändert dann auch die gute Darstellerriege mit kleinen Auftritten von Florian Lukas, Jördis Triebel und Gudrun Landgrebe nichts mehr: zu viel generischer Kinderkrimi, zu wenig ???.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-drei-erbe-des-drachen-2023