Wochenendrebellen (2022)

Wenn der Vater mit dem Sohne

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Mit dem Film „Wochenendrebellen“ erzählen der Regisseur Marc Rothemund und der Drehbuchautor Richard Kropf eine reale Geschichte, basierend auf dem autobiografischen Blog und Buch Wir Wochenendrebellen von Jason und Mirco von Juterczenka. Geschildert wird darin, wie ein autistischer Junge zusammen mit seinem Vater akribisch nach einem Lieblingsfußballverein sucht – wofür das Duo sämtliche Stadien der drei Profi-Ligen mit dem Zug bereist.

Zu Beginn lernen wir das Ehepaar Mirco (Florian David Fitz) und Fatime (Aylin Tezel) kennen. Als sich der gemeinsame Sohn im Kleinkindalter befindet, wird bei diesem das Asperger-Syndrom diagnostiziert. Der sogenannte hochfunktionale Autismus führt dazu, dass der Junge eine ganz andere Wahrnehmung als üblich hat – und deshalb etwa Spezialinteressen entwickelt und ein strenges Regelwerk aufbaut, um seinen Alltag zu bewältigen. „Wir geben ihm das, was er braucht“, beschließen Mirco und Fatime, während sie die Symptome im entsprechenden Wikipedia-Artikel studieren.

Dem Film gelingt in diesen ersten Minuten ein stimmiger Einstieg, um die Situation der Familie zu etablieren. Im Folgenden sehen wir, wie Mirco als Supervisor für eine große Burger-Kette im Land unterwegs ist, während Fatime mit Jason (Cecilio Andresen), der inzwischen zur Schule geht, und der kleinen Tochter das tägliche Leben zu managen versucht. Als sich Jason abermals von mobbenden Gleichaltrigen provozieren lässt, wird den Eltern nahegelegt, Jason auf eine Förderschule zu schicken.

Um es dem 10-Jährigen zu erleichtern, in seiner Klasse Anschluss zu finden, rät der Großvater (Joachim Król) dazu, sich mit Fußball zu beschäftigen. Alsbald fasst Jason den Plan, vor Ort bei Spielen in der gesamten Bundesrepublik gründlich zu recherchieren, welcher Verein sein Favorit sein könnte. Hierfür stellt er einen umfangreichen Kriterienkatalog auf. Mirco lässt sich auf das zeitaufwendige Vorhaben ein und nutzt die Wochenenden fortan für Bahn-Trips mit dem Sohn. Dabei gilt es jedoch immer wieder, schwierige Hürden zu überwinden.

Das Skript und dessen Umsetzung werden sowohl der Eltern- als auch der Kind-Perspektive gerecht. Zum einen wird erfasst, wie Mirco und Fatime durch Jasons Verhalten häufig an ihre Grenzen stoßen – etwa wenn Jason darauf besteht, an der Bushaltestelle auf einem bestimmten Platz zu sitzen, auch wenn dieser gerade von einer anderen (wenig verständnisvollen) Person besetzt ist, oder wenn das Essen im Zug nicht den aufgestellten Regeln entspricht, da sich die Nudeln und die Soße auf dem Teller berühren. Zum anderen fühlt sich der Film insbesondere durch das Sounddesign aber auch oft in Jasons Wahrnehmung der Umwelt ein, indem er uns spüren lässt, welche Wirkung gewisse Reize auf Jasons Zustand haben.

Die Vater-Sohn-Beziehung wird im Laufe der gemeinsamen Ausflüge auf einnehmende Art und Weise vertieft – was nicht zuletzt den beiden Schauspielern Florian David Fitz und Cecilio Andresen zu verdanken ist, die perfekt miteinander (dis-)harmonieren und dadurch sowohl in den positiven als auch in den konfliktbeladenen Momenten zu überzeugen vermögen.

In seiner Gestaltung – etwa der (Pop-)Musikuntermalung – und seiner Dramaturgie ist Wochenendrebellen gewiss überwiegend eine konventionelle Produktion. Dennoch hat das Ganze eine Seele. Die Schwierigkeiten, denen sich die Figuren stellen müssen, werden nicht beschönigt; die Darstellung des jungen Protagonisten setzt nicht auf Verniedlichung, sondern zeichnet sich durch Glaubwürdigkeit aus.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/wochenendrebellen-2022