The Gravedigger's Wife (2021)

Eine somalische Liebesgeschichte 

Eine Filmkritik von Sarah Stutte

Der hart arbeitende 45-jährige Guled (Omar Abdi) betet seine Frau Nasra (Yasmin Warsame) an, die an einer chronischen Nierenkrankheit leidet und dringend eine lebensrettende, aber auch teure Operation benötigt. Mit den wenigen Ersparnissen des Paares aus Guleds Job als Totengräber musste er bereits die Antibiotika bezahlen, aber Nasras Zustand bessert sich nicht. 

Guled und seine schaufeltragenden Kollegen sitzen stundenlang im Staub unter der brütenden Sonne vor dem örtlichen Krankenhaus und sind niedergeschlagen, wenn ein Tag vergeht und niemand stirbt. Sie üben einen Job aus, den niemand machen will und über den sie keine Kontrolle haben. Der Kern der Geschichte dreht sich um diese bittere Ironie: Guled muss darauf hoffen, dass andere sterben, damit er den Tod seiner Frau verhindern kann. 

Als Mahad (Kadar Abdoul-Aziz Ibrahim), der junge Sohn des Paares, den Ernst der Lage begreift, versucht er alles, um Geld aufzutreiben. Er wäscht Windschutzscheiben, sammelt Fahrgäste für Busse ein oder nimmt seine gleichaltrigen Freunde beim Tischfussball aus. Währenddessen verfolgt Guled ein anderes Ziel, um Nasra zu helfen. Er macht sich auf den beschwerlichen Weg in die Berge, zurück zu seinem Heimatdorf, um seine Herde Schafe zurückzuholen und zu verkaufen. Diese musste er dort, so wie seine Familie, einst zurücklassen, um mit Nasra zusammen sein zu können. Daran zerbrach letztendlich die Bindung zu Mutter und Bruder, die Guled wahrlich nicht mit offenen Armen empfangen. 

In The Gravedigger's Wife wird ein liebendes Paar durch einen bedrohlichen Notfall mit dem Albtraum der eigenen Armut konfrontiert, die jederzeit den Tod bedeuten kann. Die zeitgenössische Geschichte, die in Djibouti City spielt, erzählt eine einfache, aber sehr berührende Geschichte in einigen wunderschön komponierten Bildern. Die zweite Filmhälfte, in der sich die Situation verschlimmert und Guleds Reise beginnt, hält gekonnt die Spannung zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. 

In einer umso lebensbejahenderen Sequenz initiiert Nasra mit einer Ziege einen gewitzten Coup, um eine Hochzeit zu crashen. Das Paar geniesst diesen Abend so lange er dauert, bis Nasra von ihrer Krankheit erschöpft zu Boden sinkt und Guled sie auch dann noch hält. Überhaupt gehören die Szenen der Zweisamkeit mit zu den schönsten in diesem Film, voller Poesie und Zuneigung füreinander. Diese scheint sich nur noch vertieft zu haben, seit sie aus dem ländlichen Dorf zusammen durchgebrannt sind, in dem ihre Zukunft ohne ihr Zutun geregelt worden war.

Regisseur Khadar Ayderus Ahmed wurde in Somalia geboren und lebte in Äthiopien, bevor seine Familie aus Afrika nach Finnland auswanderte, als er 16 Jahre alt war. Sein erster Langspielfilm wurde im Rahmen der Cinéfondation-Residenz in Cannes entwickelt und ist ein gutes Beispiel dafür, wie europäische Produktionsunternehmen dazu beitragen können, lohnenswerte afrikanische Geschichten auf die Leinwand zu bringen und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Thema des Films, das Überleben auf Mikro- und Makroebene, ist ganz auf die Lebensumstände in vielen afrikanischen Ländern ausgerichtet, aber dennoch universell zugänglich.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-gravediggers-wife-2021