Die Känguru-Verschwörung (2022)

Zu kurz gesprungen

Eine Filmkritik von Falk Straub

Das Känguru ist Kult. Damit hatte wohl selbst sein Erfinder nicht gerechnet. Doch Marc-Uwe Kling traf mit seinen amüsant-absurden Geschichten um einen unschwer als sein Alter Ego erkennbaren Kleinkünstler und dessen Mitbewohner, ein kommunistisches Känguru, einen Nerv. Kapitalismuskritik ist inzwischen selbst in gutbürgerlichen Kreisen salonfähig – und verkaufte sich in Buch- und Hörbuchform millionenfach. Dani Levy verfilmte Klings „Känguru-Chroniken“ und landete damit trotz der Corona-Krise einen finanziellen Erfolg. Bei der Fortsetzung hat der Autor nun selbst Regie geführt.

Im Gegensatz zum ersten Kinoauftritt des vorlauten Kängurus liegt der Fortsetzung keine direkte Vorlage zugrunde. „Der zweite Känguru-Film sollte gemäß dem Wunsch des Beuteltiers eine Fortführung der Bücher sein, also keine Verfilmung, sondern eine neue Geschichte“, lässt Kling via Regie-Statement wissen. Der Story hat das allerdings auch nicht geholfen. Sie ist noch schlechter als beim ersten Mal.

Ausgangspunkt ist eine Wette, die Marc-Uwe (Dimitrij Schaad) mit der von ihm angebeteten Nachbarin Maria (Rosalie Thomass) eingeht. Gelingt es ihm und dem Känguru (wie immer von Marc-Uwe Kling selbst synchronisiert), Marias Mutter Lisbeth Schlabodnik (Petra Kleinert) von ihrem Irrglauben, dass der Klimawandel eine Verschwörungstheorie sei, zu bekehren, dann lässt sich Maria auf ein zweites Date mit Marc-Uwe ein. Misslingt die Bekehrung, darf Maria mit Marc-Uwe die Wohnung tauschen. Was einem kapitalistischen Katastrophenfall gleichkäme. Denn Marc-Uwe hat noch einen uralten (das heißt supergünstigen) Mietvertrag. Die in Berlin üblichen Mieten können er und das Känguru sich gar nicht leisten.

So doof, sich auf ein solches Wagnis einzulassen, kann nur ein hoffnungslos verliebter Kleinkünstler sein! Immerhin ist Lisbeth Schlabodnik als kraftstofffeiernde „Diesel-Liesel“ ein Youtube-Star. Bei der Cocon, der Conspiracy Convention, von Ober-Querdenker Adam Krieger (Benno Fürmann) ist sie als Gastrednerin geladen. Die Aluhut-Sause geht in Bielefeld über die Bühne, das es – allen Verschwörungstheorien zum Trotz – in diesem Film tatsächlich gibt. Die Reise dorthin gerät für Marc-Uwe und das Känguru unterdessen zur Odyssee.

Schon die Story von Dani Levys Verfilmung, in der sich Marc-Uwe, das Känguru & Co. mit dem Rechtspopulisten Jörg Dwigs (Henry Hübchen) und einer Bande Neonazis herumschlugen, war hauchdünn. Aber immerhin formte Levy daraus eine stringente Handlung und mehr als eine Handvoll gelungener Pointen. Vielen Fans hat Levys Adaption zwar missfallen, weil der anarchische Geist und der absurde Witz der Vorlage auf ein allgemeinverträgliches Niveau heruntergeschraubt waren. All jenen, die die Vorlage nicht kannten, vermittelte Levys Version aber zumindest einen vergnüglichen Ansatz gesellschaftlicher Subversion.

All das, Stringenz, ja überhaupt eine Handlung muss man im zweiten Kinoauftritt des Kängurus derweil mit der Lupe suchen und die gelungenen Pointen kann man an einer Hand abzählen. Die Känguru-Verschwörung ist eine wirre Nummernrevue, die Kling in erster Linie dazu nutzt, diversen Filmgenres zu huldigen. Während der fahrigen Anfahrt nach Bielefeld zerfasert die Geschichte in kurze Episoden im Stil eines Westerns, eines Horror- und eines Abenteuerfilms. Doch die einzelnen Episoden greifen nie richtig ineinander.

Die Story wirkt bemüht, das Schauspiel mitunter hölzern, Pointen verpuffen. Der größte Running Gag dreht sich ums Schnick-Schnack-Schnuck-Spielen und funktioniert überhaupt nicht. In der Erfolgsgeschichte des (selbstironischen) Tausendsassas Marc-Uwe Kling, der als Liedermacher, Kabarettist, Poetry Slamer und Autor unterwegs ist, ist die Arbeit als Regisseur die erste Zäsur. Diesmal ist sein bärbeißiges Beuteltier zu kurz gesprungen. Als Filmemacher muss sich Kling noch ordentlich strecken.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-kaenguru-verschwoerung-2022