A Kind of Murder

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

A Kind of Murder scheint aus der Zeit gefallen. Andy Goddards Verfilmung des Patricia-Highsmith-Romans The Blunderer (dt. Der Stümper) mutet von der ersten bis zur letzten Einstellung altmodisch an, als wäre ein vergessenes Skript von Alfred Hitchcock gefunden worden, aus dem ein Film entstehen soll, wie Hitchcock ihn gemacht hätte – allerdings mit wenig überzeugendem Ergebnis.
Erzählt wird die Geschichte zweier Männer: Der Architekt Walter Stackhouse (Patrick Wilson) lebt in einem sehr schicken Haus, ist mit Clara (Jessica Biel) unglücklich verheiratet und schreibt in seiner Freizeit Kriminalgeschichten. Der Buchhändler Kimmel (Eddie Marsan) hat sich mit unwissentlicher Hilfe des Nachbarjungen Tony (Radek Lord) ein Alibi verschafft und seine Ehefrau ermordet. Walter liest von dieser Tat in der Zeitung und ist ebenso wie Detective Lawrence Corby (Vincent Kartheiser) überzeugt, dass Kimmel schuldig ist. Ihn fasziniert die Geschichte eines Mannes, der seine Ehefrau tötet und anscheinend damit davon kommt, daher sucht er aus Neugier Kimmel in seiner Buchhandlung auf.

Aber nun entspinnt sich trotz aller Ähnlichkeiten leider kein an Strangers on a train angelehnter Stoff, sondern Walter leidet erst einmal weiterhin unter den depressiven Schüben und Eifersuchtsattacken seiner Frau und verbringt Zeit mit seiner Geliebten Ellie (Haley Bennett). Dann will Clara ihre kranke Mutter besuchen und fährt zu diesem Zweck mit demselben Bus, den auch Kimmels Frau vor ihrem Tod nahm. Stackhouse folgt seiner Frau – aus welchen Gründen auch immer –, versucht sie an dem Rasthof, an dem Kimmels Frau ermordet wurde, zu finden – aus welchen Gründen auch immer –, und fährt dann unverrichteter Dinge wieder weg. Am nächsten Tag erfährt er, dass seine Frau dort tot aufgefunden wurde. Die Polizei ermittelt noch, ob es Mord oder Selbstmord war, Stackhouse tut indes alles dafür, möglichst schuldig zu wirken – aus welchen Gründen auch immer. Denn es ist schon sehr schwer zu verstehen, warum ein Mann, der so stolz darauf ist, eigene Kriminalgeschichten zu schreiben, sich derart amateurhaft und dumm verhält. Er lügt die Polizei über seinen Aufenthaltsort in der Todesnacht seiner Frau, über seine Kenntnis des Kimmel-Mordes und seine Bekanntschaft mit dem Buchhändler an, so dass nicht nur ihre Zweifel an seiner Unschuld sich vermehren, sondern auch die seines Umfeldes. Nach und nach ziehen sich Geliebte, Freunde und Kollegen zurück – und zugleich versucht Detective Corby, die Schuld beider Männer nachzuweisen.

Eigentlich bietet diese Handlung einen perfekten Ausgangspunkt für die typische Hitchcock'sche Geschichte eines Mannes, der fälschlicherweise verdächtigt wird und sich schuldig fühlt, weil er sich gewünscht hat, seine Frau würde sterben, weil er sogar darüber nachgedacht hat, wie sie sterben könnte. Aber allein schon durch Stackhouses dilettantisches Verhalten fällt es schwer, überhaupt Interesse für sein Schicksal aufzubringen. Vielmehr stimmt abgesehen von dem fast poetischen Titel bei A Kind of Murder kaum etwas: das Erzähltempo ist zu langsam, das Drehbuch lässt keinerlei Raum für Zweifel an der Schuld des einen und Unschuld des anderen Mannes, vielmehr werden im Film sicherheitshalber Szenen wiederholt, damit auch jeder im Zuschauerraum versteht, was genau passiert ist. Der finalen Konfrontation fehlt jegliche Notwendigkeit, jegliche Spannung, jeglicher Drive. Die Ausstattung und die Kostüme der Schauspieler versuchen sehr, die Erzählzeit lebendig werden zu lassen, sind aber nicht immer stimmig und verstärken den Eindruck der künstlichen Gemachtheit des gesamten Films. Auch ist dessen Bemühen, einen Hauch Noir in die Bilder zu bringen, so offensichtlich, dass darüber manche gelungenen Kadrierungen fast übersehen werden könnte. Als einer der wenigen Lichtblicke bleibt nur Eddie Marsan, der als psychopathischer Killer weit mehr Szenen verdient hätte. Deshalb könnte man diesen Film mit viel Wohlwollen allenfalls als Stilübung eines Regisseurs sehen, der gerne mal einen Film im Stile Hitchcocks drehen und die Regeln des Suspense anwenden wollte. Der Meister hätte diesen Film indes nicht nur spannender, sondern besser gemacht.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/a-kind-of-murder