Get the Hell Out (2020)

Zombies im Politzirkus

Eine Filmkritik von Falk Straub

Ein Fantasy Filmfest ohne Zombies ist wie eine Hochzeit ohne Torte. Ob's mundet, hängt freilich von vielen Zutaten ab. Denn nicht jedes Stück – egal ob fluffiger Horror oder trockene Komödie – zählt zur Crème de la Crème. Dafür sind inzwischen schlicht zu viele Untote unterwegs. I.-Fan Wangs Langfilmdebüt ist eine wahre Kalorienbombe – kunterbunt, überbordend, Zucker für die Augen. 

Der Titel dieses Films ist Programm, seine Grundidee für einen abendfüllenden Spielfilm allerdings viel zu dünn. Zombies im Parlament – darauf lässt sich die Handlung verkürzen. Um diese inhaltliche Leere zu überdecken, steigt das Drehbuch mit einer ebenso überflüssigen wie überdrehten Rückblende ein. Der Regisseur knallt seinem Publikum die Vorgeschichte zur Zombie-Apokalypse als hypernervösen Bilderrausch um die Ohren. Von Zeitlupe und -raffer über Einblendungen, Überblendungen und Überbelichtungen bis zu zig Farbfiltern packt er alle erdenklichen Stilmittel in die ersten Minuten.

Get the Hell Out kommt wie eine durchgeknallte Gameshow aus dem asiatischen Fernsehen daher. Alsbald wünschen sich auch die Zusehenden, nichts wie wegzukommen. Die Mitglieder des taiwanesischen Parlaments schieben derweil noch eine ruhige Kugel. Denn erst einmal versuchen die Abgeordneten Hsiung (Megan Lai) und Li (Chung-wang Wang) wechselweise den Sicherheitsbeamten Wang (Bruce Hung) vor ihren politischen Karren zu spannen und bei der nächsten Wahl als ihren Kandidaten ins Parlament zu hieven.

Als just dort die Zombie-Seuche endlich ausbricht, hat das irgendetwas mit einer Chemiefabrik und dem dort anfallenden Giftmüll zu tun, ist im Grunde aber völlig egal. Denn wie fast alles in diesem Film ist auch die vermeintlich regierungskritische Grundierung nur vorgeschoben, um dem genretypischen Gemetzel zu frönen. Folglich fließt flugs literweise schlechtes Kunstblut, das nicht selten in breiten Streifen das Kameraobjektiv besudelt.

Debütant Wang präsentiert die Arbeit der Abgeordneten als durchgedrehten Politzirkus. Parlamentarier wie Li steigen fröhlich mit Journalisten, Prostituierten und der Wirtschaft ins Bett, während die Idealistin Hsiung gegen Windmühlen kämpft. Wang packt das jedoch in so rasend schnelle, konfus geschnittene Bilder, dass sein Publikum darüber weder herzhaft lachen noch angeekelt schreien, sondern angesichts der Zeitverschwendung nur enttäuscht den Kopf schütteln kann.

Laut Fantasy Filmfest handelt es sich hier um die „gelungenste[n] Untoten-Komödie seit Langem". Humor hat bekanntlich, wer trotzdem lacht. Die treffendste Pointe geht dem Film übrigens voraus. Ein ironischer Warnhinweis rät allen, die an ihrem eingeschlagenen Lebensweg zweifeln, die Augen zu schließen. Ein falscher Film ließe einen nur 90 Minuten leiden, eine falsche Regierung vier Jahre lang. 95 Minuten Get the Hell Out sind mehr als genug. Das Sahnehäubchen des Zombiefilms ist dieses Debüt nicht.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/get-the-hell-out-2020