Yoga Hosers

Don't call it a cult movie!

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Mit Yoga Hosers setzt der US-Drehbuchautor und -Regisseur Kevin Smith seine True-North-Trilogie fort, die im Jahre 2014 mit dem grotesken Horrordrama Tusk begann. Einige Cast-Mitglieder des ersten Teils – etwa Justin Long, Haley Joel Osment und Génesis Rodríguez – sind in neuen Rollen zu sehen, andere nehmen ihre Parts wieder auf und rücken gar ins Zentrum des Geschehens. So lässt Smith abermals Johnny Depp als frankokanadischen Ermittler Guy Lapointe auftreten – und macht die in Tusk noch namenlosen, jugendlichen Kassiererinnen zu den Heldinnen seines neuen Werks.
Colleen Collette (Lily-Rose Melody Depp, Tochter von Johnny und der ebenfalls mitwirkenden Vanessa Paradis) und Colleen McKenzie (Harley Quinn Smith, Tochter von Kevin und Jennifer Schwalbach, die auch deren Film-Mutter gibt) sind beste Freundinnen. Sie leben in der kanadischen Stadt Winnipeg und jobben neben der Schule im Laden von Colleen C.'s Vater Bob (Tony Hale). Dabei nutzen sie jede Gelegenheit, um im Hinterzimmer mit ihrer Band – bestehend aus ihnen selbst und dem für eine Teen-Band eigentlich viel zu alten Drummer Ichabod (Adam Brody) – zu proben. Die lautstarke Musik führt dazu, dass im geheimen Keller des Gebäudes der teuflisch-boshafte Nazi-Wissenschaftler Andronicus Arcane (Ralph Garman) aus seinem langjährigen Kälteschlaf erwacht und auch dessen Armee von Mini-Klonen, die Andronicus einst aus Bratwurstmasse und Sauerkraut fertigte, plötzlich quicklebendig ist. Die sogenannten "Bratzis" stören zunächst das Supermarkt-Date der beiden Colleens mit ihren Mitschülern Hunter (Austin Butler) und Gordon (Tyler Posey) – was jedoch nicht allzu schlimm ist, da sich die Jungs ohnehin gerade als Satanisten mit mörderischer Agenda herausgestellt haben. Bald erweisen sich Andronicus und seine kleine Gefolgschaft aber als echte Bedrohung, die das Freundinnen-Duo gemeinsam mit dem kauzigen Guy Lapointe zu bekämpfen versucht.

Es ist durchaus sympathisch, dass Smith mit den beiden Colleens eine weibliche Variante der Protagonisten seines Low-Budget-Erstlings Clerks – Die Ladenhüter (1994) geschaffen hat. Zudem verfügen Lily-Rose Melody Depp und Harley Quinn Smith über das nötige Charisma, um einen Film zu tragen. Doch die Zeichnung der Adoleszentinnen als symbiotische Einheit vermag in einem 90-Minüter nur bedingt zu funktionieren: Dass Colleen C. und Colleen M. keine individuellen Eigenschaften haben, ist auf die Dauer ziemlich reizlos. Wahrscheinlich wäre es akzeptabler, wenn sich die beiden wenigstens ein paar interessante Charakteristika teilen würden; aber auch in dieser Hinsicht gehen Skript und Umsetzung kaum über eine recht originell eingefangene Smartphone-Fixierung sowie eine gewisse Indifferenz gegenüber der analogen Welt hinaus. Die restlichen Figuren sind größtenteils ebenso eintönig. Dass der hübsche Teen-Wolf-Hauptdarsteller Tyler Posey einen Highschool-Vollpfosten mimt und der Ex-Kinderstar Haley Joel Osment (Sixth Sense) in Rückblenden als kanadische Hitler-Version in Erscheinung tritt, sind eher müde Einfälle; die immer gern gesehene Natasha Lyonne als manipulative Stiefmutter von Colleen C. und Vanessa Paradis als enthusiastische Geschichtslehrerin werden leichtfertig verschenkt. Johnny Depp liefert eine weitere spleenige Performance – was nach seinen Darbietungen in vier Pirates-of-the-Caribbean-Teilen, zwei Alice-Filmen sowie etlichen ähnlichen Auftritten längst ein alter Hut ist, den sich Depp deutlich seltener aufsetzen sollte. Erfrischender ist der spielfreudige Justin Long als unbedarfter Yogalehrer. In der einzigen Szene von Yoga Hosers, in der satirischer Biss zu spüren ist, trumpft indes das Saturday-Night-Live-Mitglied Sasheer Zamata als eloquente Schuldirektorin auf.

Der weitgehend gefällige Nonsens-Humor und die betont trashig getricksten "Bratzis" sollen aus Yoga Hosers vermutlich das machen, was man gemeinhin als 'Kultfilm' bezeichnet. Allerdings fehlt dem Werk dafür jedwede Besonderheit. In Zeiten von Dead Snow, Sharknado oder Zombiber sind fiese Nazi-Bratwurstmännchen kaum mehr als eine skurrile Ergänzung des kinematografischen Bedrohungskatalogs; auch der angekündigte dritte True-North-Teil Moose Jaws – eine Elch-Version von Der weiße Hai – klingt nicht wirklich nach Innovation. Yoga Hosers ist ein harmlos-netter Spaß – aber für die Arbeit eines Filmemachers wie Kevin Smith, der zu Beginn seiner Karriere wunderbar kantige Dialogstücke drehte und mit Dogma (1999) eine herausfordernde Religionssatire vorlegte, sind die Worte 'nett' und 'harmlos' eigentlich ein Armutszeugnis.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/yoga-hosers