Cody - Wie ein Hund die Welt verändert (2019)

Biografie eines Hundes

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

In Komödien und Familienfilmen dienen Hunde oft als Sidekicks, um für Gags und Niedlichkeit zu sorgen. In Horrorfilmen werden sie häufig allzu rasch von den finsteren Mächten beseitigt, da sie die Bedrohung schon viel früher als alle menschlichen Figuren erkennen. Und wenn Hunde tatsächlich mal im Zentrum eines Films stehen, geht es nicht selten nur darum, dass sie die Menschen heroisch retten. Der Schweizer Filmkomponist Martin Skalsky befasst sich in seiner ersten Regiearbeit „Cody – Wie ein Hund die Welt verändert“ hingegen sehr ernsthaft mit dem Hintergrund seines eigenen Hundes; gewissermaßen mit dessen backstory wound.

Im Rahmen eines dokumentarischen Porträts will Skalsky in Erfahrung bringen, welche Vorgeschichte der Hund Cody hat, den er im Jahre 2014 zusammen mit seiner Frau Selina adoptierte. Cody lebte in Rumänien auf der Straße. Durch das 2013 im Land eingeführte Tötungsgesetz wurde dieses Dasein in Freiheit jedoch extrem gefährlich. Als der Regisseur die Tierschützerin Cristina Paun aufsucht, erfährt er, dass Cody damals für längere Zeit mit der Hündin Blanche ein streunendes Duo bildete – und dass diese inzwischen in London ein temporäres Zuhause gefunden hat. Soll Skalsky ein Wiedersehen der Tiere organisieren?

Was Cody unter anderem zu einem gelungenen Film macht, ist das hohe Maß an Selbstreflexion. Die beiden Hunde wieder zu vereinen und damit einen rührenden, Susi-und-Strolch-artigen Höhepunkt herbeizuführen, ist gewiss verführerisch. Skalsky stellt (sich) hier aber durchaus die Frage, ob er bei dieser Vorstellung nicht lediglich typisch menschlichen Ideen von Liebe und Romantik verfällt. Die Bemühung des Filmemachers, den Tieren auf Augenhöhe und mit dem entsprechenden Respekt zu begegnen, wird durch solche Gedanken spürbar. Auch die Leute, die Skalsky heranzieht, um mehr über Cody im Speziellen und Hunde im Allgemeinen herauszufinden, bereichern den Dokumentarfilm – so zu Beispiel die Sachbuchautorin Maike Maja Nowak, deren formulierte zehn „Grundrechte der Hunde“ den 87-Minüter strukturieren. Beeindruckend ist nicht zuletzt das Engagement der Aktivistin Paun, die in Targoviste, Rumänien bereits zwischen 6000 und 8000 Hundeleben gerettet hat, indem sie die Tiere von der Straße wegholt und zu vermitteln versucht. Auch kommen etwa der Philosophieprofessor Mark Rowlands und die Hunde-Shelter-Gründerin Lya Battle zu Wort.

Skalsky ist in den Gesprächen ein angenehm zurückhaltender Interviewer. Nebenbei erfährt man, wie Cody für Selina und ihn (sowie die später geborene Mila) zu einem wichtigen Familienmitglied wurde und wie sich das Leben, auch durch einen Umzug von der Stadt aufs Land, veränderte. Über allem steht die Frage, wie der Mensch mit Hunden umgeht beziehungsweise umgehen sollte – und die Erkenntnis, dass es für das harmonische Zusammenleben mit einem Tier äußerst hilfreich sein kann, etwas über dessen bisherige Erlebnisse im Leben zu wissen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/cody-wie-ein-hund-die-welt-veraendert-2019