Die Zahlen (2020)

Die Welt als absurd-abstrakter Einraum-Kosmos: Zehn Figuren üben sich in täglichen Ritualen, drehen Kreise. Wer sie sind und woher sie kommen, wissen sie nicht. Sie haben auch keine Namen – die Männer tragen ungerade, die Frauen gerade Zahlen. Ihr Dating-Verhalten unterliegt, wie alles andere auch, ebenso strikten wie sinnlosen Regeln. Ein omnipräsenter, gottgleicher Führer („Die Große Null“) überwacht das Treiben; Richter sind bewaffnet. Es ist ein Herrschaftssystem, das zur Ausschaltung jeder Eigenständigkeit führt – nur ein außerplanmäßig entstandenes Kind stört die Ordnung. Die Zeit ist wieder reif für Dystopien. Zugleich ist Nomera ein Film, der aus der Zeit gefallen ist, entstanden unter unmöglichen Umständen und in einem existenziellen Vakuum. Autor und Co-Regisseur ist Oleg Sentsov, von 2014 bis 2019 Russlands berühmtester politischer Gefangener. Zwischen dem Drehort Kiew und der Strafkolonie bei Labytnangi am Polarkreis, wo Sentsov inhaftiert war, entfaltete sich ein mühsamer, klandestiner Arbeitsprozess, der zum Ende des Hungerstreiks von Sentsov beitrug und einen Film von roher politischer Bedeutung hervorbrachte.

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