Die Hütte - Ein Wochenende mit Gott

Mack in the Shack

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Ursprünglich war die Geschichte The Shack von dem Kanadier William Paul Young lediglich als Weihnachtsgeschenk für Familie und enge Freunde gedacht; später wurde daraus indes eine belletristische Arbeit, die über 70 Wochen auf dem ersten Platz der New-York-Times-Bestsellerliste stand. Ohne Zweifel ist dies eine hübsche, beinahe märchenhafte Erfolgsstory, die noch gigantischere Ausmaße annahm, als der Roman mit Star-Besetzung verfilmt wurde. Das Ergebnis Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott ist jedoch ein derart aufdringliches, in Kitschbilder gekleidetes 132-Minuten-Werk, dass es äußerst schwerfällt, sich auf die gut gemeinte Botschaft der Erzählung auch nur ansatzweise einzulassen.
Der kleine Mack wächst im Mittleren Westen auf und leidet unter seinem brutalen Vater. Als er 13 Jahre alt ist, verlässt überdies seine Mutter das Zuhause. Trotz seiner harten Kindheit gelingt es Mack (nun gespielt von Sam Worthington), sich mit seiner Ehefrau Nan (Radha Mitchell) sowie seinem Sohn Josh (Gage Munroe) und seinen Töchtern Kate (Megan Charpentier) und Missy (Amélie Eve) ein harmonisches Familienleben in Oregon aufzubauen. Als er mit seinen Kindern einen sommerlichen Campingausflug macht, wird Missy von einem Serienmörder entführt und getötet. Mack verfällt daraufhin in eine tiefe Trauer. Eines Tages entdeckt er einen Brief, in welchem er in die Hütte eingeladen wird, in der man einst die letzte Spur von Missy fand. Unterzeichnet ist das Schreiben mit "Papa" – dem familiären Spitznamen für Gott. Als sich Mack an besagten Ort begibt, trifft er dort tatsächlich auf den Allmächtigen in Gestalt einer ehemaligen Nachbarin (Octavia Spencer). Ebenfalls anwesend sind der Gottessohn Jesus (Avraham Aviv Alush) und Sarayu (Sumire Matsubara), "der Heilige Geist". Das Trio will – noch unterstützt von Sophia (Alice Braga), der personifizierten Weisheit – dem Trauernden dabei helfen, seinen Verlust durch Vergebung zu verarbeiten.

Dass "der Vater" von einer afroamerikanischen Frau sowie in einer Sequenz von einem Native American verkörpert wird und obendrein ein jüdischer Israeli mit tunesischen Wurzeln "den Sohn" und eine Japanerin "den Heilige Geist" interpretieren, ist in puncto Diversität und Genderpolitik fraglos begrüßenswert. Zumal der Film insbesondere mit der Besetzung von Octavia Spencer als Gott einige sogenannte "christliche Galionsfiguren" in den USA in Wut geraten ließ und damit dazu beitrug, den noch immer herrschenden, sich gar wieder verschärfenden Rassismus sowie die Misogynie im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" aufzuzeigen. Aber sowohl das Drehbuch als auch die Inszenierung verhindern es leider dennoch, allzu viel Gutes an Die Hütte zu finden. Die Kindheit und Jugend des Protagonisten werden formelhaft geschildert; der Brite Stuart Hazeldine, der sein Debüt mit einem B-Thriller (Exam – Tödliche Prüfung, 2009) gab und nun sein zweites Werk als Regisseur vorlegt, setzt diese Passage mit plakativen Mitteln um. Missys Entführung und Mord treiben den Film vorübergehend in Thriller-Gefilde – doch auch in diesen Momenten haftet der Bildsprache stets etwas extrem Abgeschmacktes an, etwa wenn ein blutverschmiertes Kleidungsstück von der Kamera eingefangen wird. Die späteren Szenen in der Hütte und der Landschaft, von der diese umgeben ist, erinnern auf visueller Ebene an die Kunst von Thomas Kinkade und könnten einen gewissen Camp-Charme haben. Wenn man als Zuschauer_in allerdings miterleben muss, wie sich Mack mit Jesus ein Wettrennen über den See liefert, wähnt man sich auf unangenehme Weise eher in einem überlangen Imagefilm für eine obskure Glaubensbewegung. Die Hütte stellt wichtige Fragen – zum Beispiel warum Gott Leid in der Welt, die er selbst geschaffen hat, zulässt –; er beantwortet diese jedoch in keiner angemessenen Form, sondern mit wenig überzeugenden Dialogzeilen ("Everything's gonna be okay") und idyllischen Paradiesimpressionen von glücklichen Kindern, die den Verlustschmerz des Vaters lindern sollen.

Der Action-erprobte Sam Worthington (Avatar, Kampf der Titanen) agiert in der tragischen Hauptrolle durchaus solide – und auch Octavia Spencer, die für ihr Spiel in The Help (2011) zu Recht einen Oscar als beste Nebendarstellerin erhielt und im vergangenen Jahr in Hidden Figures glänzte, will man wirklich glauben, dass sie (wie sie im Presseheft bekundet) ein großer Fan des Buches ist und ihren Part daher mit Hingabe ausfüllt. Ihre Interpretation eines Gottes, der mit den Menschen mitleidet, ist in Teilen sogar reizvoll. Dennoch kann selbst eine begabte Mimin wie Spencer nicht gegen die vielen Plattitüden des Skripts, die trivial-rührselige Bebilderung und die penetrante Musikuntermalung anspielen. Nach der über zweistündigen Laufzeit von Die Hütte fühlt es sich an, als hätte einem jemand mit einer New-Age-Interpretation der Bibel heftig auf den Hinterkopf geschlagen statt einfach daraus vorzulesen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-huette-ein-wochenende-mit-gott