Catweazle (2021)

Mit viel Geschick, etwas Glück und dem Elektrik-Trick

Eine Filmkritik von Falk Straub

Aus den einfachsten Gedankenspielen erwachsen manchmal die tollsten Geschichten. Die Fernsehserie Catweazle (1970-1971) wurde nicht nur auf der britischen Insel, sondern auch hierzulande nach ihrer deutschen Erstausstrahlung 1974 Kult. Und das, obwohl ihr Erfinder und Drehbuchautor Richard Carpenter in jeder Episode nichts anderes tat, als seinen aus der Vergangenheit in die Gegenwart katapultierten Titelhelden mit der Technik und den Tücken des Alltags zu konfrontieren. Immer mit dabei waren Catweazles Kröte Kühlwalda und sein magischer Dolch Adamcos. In der deutschen Kinoadaption hat der Magier aus dem finsteren Mittelalter noch einen weiteren Gegenstand im Gepäck.

Anno 1020 eilt dem zauseligen Zauberer sein Ruf voraus. Angeblich kann Catweazle (Otto Waalkes) Licht aus dem Nichts erschaffen und soll diese Kunst vor Fürst Moderich (Urs Rechn) beweisen. Doch stattdessen gibt es nur faulen Zauber. Catweazle droht der Kerker, weshalb er von der Burgzinne springt und eintausend Jahre später in unserer Gegenwart landet. Möglich machte das sein Zauberstab Anawandur, den er prompt verliert und die Handlung in Gang setzt.

Der 12-jährige Benny (Julius Weckauf) findet den Stab und will ihn versteigern, was Dr. Katharina Metzler (Katja Riemann) auf den Plan ruft. Die Kunstexpertin braucht dringend einen beruflichen Erfolg und kennt keine Skrupel, um an den uralten Gegenstand zu kommen. Gemeinsam mit Catweazle, den er im Keller seines Hauses entdeckt hat, mit seiner Mitschülerin Lisa (Gloria Terzic) und mit seinem Vater Robert (Henning Baum) versucht Benny, Anawandur zurückzubekommen, damit Catweazle in seine Zeit zurückkehren kann. Dafür braucht es viel Geschick, etwas Glück und einen Trick.

Wer sich das Original – zu dessen Fans auch Musikgrößen wie Ringo Starr und Mark Bolan zählten – heute ansieht, dürfte sich angesichts der Machart verwundert die Augen reiben. Gemessen an aktuellen Standards ist das Tempo geradezu einschläfernd. Und pro Episode reichte meist ein Gegenstand des täglichen Gebrauchs aus, um Catweazle aus der Reserve zu locken und 25 Minuten zu füllen. Mal bekam es der selbsternannte Zauberer mit dem Elektrik-Trick (elektrischem Licht), mal mit einem Zauberknochen (so nannte er einen Telefonhörer) zu tun.

Sven Unterwaldts Verfilmung hat da schon mehr zu bieten. Begegnungen mit der modernen Technik, die in der Serie gut und gerne Stoff für eine ganze Episode hergegeben hätten, reiht Unterwaldt schon mal als Abfolge von Slapstickeinlagen kurz und knackig aneinander. Und auch sonst ist auf der großen Leinwand vieles größer als auf dem kleinen Fernsehschirm. Um in die Gegenwart zu gelangen, sprang Catweazle im TV lediglich in einen Fluss und tauchte in einem winzigen Tümpel wieder auf. Bei Unterwaldt muss es schon eine imposante Burg sein, von der sich der Zauberer durch die Zeit stürzt.

Die Drehorte sind pittoresk, die Sets liebevoll gestaltet und wunderschön ausgeleuchtet. Unterwaldts Film sieht richtig gut aus. Zum Glück erliegt der Regisseur aber nicht der Versuchung, alles in seinem Film aufzumotzen oder gar zu überdrehen. Die Handlung und deren Umsetzung sind angenehm bodenständig. Und Unterwaldt, der mit seinem Hauptdarsteller bereits bei 7 Zwerge – Männer allein im Wald (2004), 7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug (2006) und Otto's Eleven (2010) zusammengearbeitet hatte, tut diesmal gut daran, das parodistische Element auf ein Minimum zu beschränken. Wie sich auch sein Starkomiker erstaunlich zurückhält.

Otto Waalkes ist in diesem gelungenen Familienfilm erfreulich wenig Otto. Die seiner Bühnenpersona eigenen Manierismen und Blödeleien reduziert er geschickt und wird so dem Original gerecht. An die Klasse eines Geoffrey Bayldon, der übrigens erst 45 Jahre jung war, als er den steinalten Zauberer im Fernsehen spielte, reicht der inzwischen über 70-jährige, aber immer noch jungenhaft wirkende Waalkes, zwar nicht heran. Dafür verneigt er sich tief. Waalkes drängt sich nicht in den Vordergrund, sondern stellt sich in den Dienst der Handlung und des übrigen Ensembles. Neben dem aus Der Junge muss an die frische Luft (2018) bekannten Julius Weckauf spielt vor allem Katja Riemann groß auf. Ihre lustvoll verkörperte Kunstexpertin ist richtig fies und eine einem Kinderfilm angemessene Bösewichtin.

Dass Zeitreisen auch lustig sein können, ist übrigens nichts Neues. Mark Twain hat das bereits 1889 in seinem Roman A Yankee in King Arthur’s Court durchgespielt und einen Ingenieur zurück ins 6. Jahrhundert versetzt. Dessen Wissen und Technik erscheint der feudalen Gesellschaft wie Zauberei. 80 Jahre nach dem US-Schriftsteller und mehr als 20 Jahre vor dem französischen Kinohit Die Besucher (1993) drehte Drehbuchautor Richard Carpenter die Ausgangslage aus Twains Roman einfach um. Das funktioniert auch heute noch prächtig. Der Elektrik-Trick klappt auch im Kino.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/catweazle-2021