Minions - Auf der Suche nach dem Mini-Boss (2022)

Die gelbe Formel

Eine Filmkritik von Sebastian Seidler

Eine Sache gleich vorweg: Kinderaugen wird auch dieser Film zum Leuchten bringen. Denn diese Minions sind als Figuren einfach hinreißend niedlich, lustig und herrlich deppert; Kinder finden sich darin einfach wieder. Der Slapstick-Humor, der seine Inspiration trotz rudimentärer Sprache aus dem Stummfilm borgt, funktioniert in eigentlich allen Szenen hervorragend. Anders gesagt: Man kann in diesem Film, wenn einem nach sinnbefreitem Humor ist, nach Herzenslust lachen. Nur ein guter Kinderfilm ist „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ damit noch lange nicht.

Das liegt vor allem an der einfallslosen Geschichte, die diese Ansammlung kleiner Sketche zusammenhalten soll. Neu ist das alles nämlich nicht. Am Ende des ersten Minions-Film tauchte plötzlich der neue Boss auf. Da war er also, der kleine Gru, der dann in Ich einfach unverbesserlich die Hauptfigur sein sollte. Die Vorgeschichte der eigentlichen Sidekicks wäre damit eigentlich erzählt gewesen. Nun aber folgt das Sequel zum Prequel und wie es der Titel schon auf den Punkt bringt: Es wird der Aufstieg von Kinder-Gru zum Superschurken erzählt.

Seltsam nur, dass dieser wirkt, als würde er ganz am Anfang seiner Schurkerei stehen, wo er doch die Krone der Queen hat mitgehen lassen, dort in England die Party ordentlich aufgemischt hat. Eben dieser Coup war ja der Grund, warum die Minions, die sich immer dem größten Schurken anschließen, mit ihrem neuen Boss gegangen sind.

Auf der Suche nach dem Mini-Boss beginnt nun auch mit ganz anderen Schurken. „Die Fiesen 6“ wollen mithilfe eines mächtigen Amuletts unschlagbar werden, entledigen sich aber erstmal ihres Anführers, dem Wilden Knöchelknacker. Einer frischen Schurkengeneration soll nun Platz geschaffen werden – auf den frei gewordenen Platz bei der Verbrecherorganisation kann man sich nun bewerben, was Gru postwendend tut.

Die Erwachsen nehmen den frechen Knirps allerdings nicht ernst, woraufhin dieser das Amulett klaut und – damit fängt das ganze Durcheinander an – vom ausgebooteten Knöchelknacker gekidnappt wird. Auch hat Otto, ein besonders lustiger Minion, das Amulett gegen einen Schmusestein (!) getauscht. Nun müssen die Minions ihren geliebten Mini-Boss retten und das Amulett wiederfinden – selbstverständlich stellen sie dabei alles auf den Kopf.

Die Exposition wirkt bereits hektisch und ziellos, als hätte man den Film ursprünglich in eine ganz andere Richtung entwickeln wollen. Da werden „Die Fiesen 6“ mit großem Tamtam und ihren eigenwilligen Namen eingeführt – und da gibt es beispielsweise eine wildgewordene Nonne, einen mit Zacken gespickten Rollschuhfahrer und einen französischen Krabbenmenschen. In der Folge wird aus diesen Charakteren jedoch kaum etwas gemacht. Einzig der Wilde Knöchelknacker bekommt die Rolle der väterlichen Bezugsperson für Gru.

Diese Beziehung zwischen Gru und seinem großen Vorbild ist noch die stimmigste Plotidee, bekommt aber letztlich im anarchistischen Trubel des Films niemals den Raum, den es bräuchte. Weil gleichzeitig das Band zwischen den gelben Gesellen und ihrem Boss ziemlich behauptet ist, will dem Film zu keiner Zeit ein stimmiger Bogen gelingen, der die einzelnen anarchistischen Momente zusammenhält. Diese sind aber am Ende so lustig, dass man bestens unterhalten das Kino verlässt: Die gelbe Formel geht auf und rettet einen Film ohne echte Geschichte. Nachhaltig ist an dieser letztlich ziemlich unnötigen Fortsetzung nichts.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/minions-auf-der-suche-nach-dem-mini-boss-2022