Submission (2017)

Tatort College

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Von verhängnisvollen Affären haben die Literatur und das Kino schon häufig erzählt. Oft geht es dabei um den Verlust von Kontrolle, der wiederum zu einem Verlust von Macht und schließlich gar der Würde führt. Zu den Klassikern dieser Geschichten zählt Heinrich Manns Roman „Professor Unrat“ (1905), der im Jahre 1930 unter dem Titel „Der blaue Engel“ von Josef von Sternberg für die Leinwand adaptiert wurde. Das Melodram mit Emil Jannings und Marlene Dietrich in den Hauptrollen diente wiederum der US-Schriftstellerin Francine Prose als Inspiration für ihr im Jahre 2000 veröffentlichtes Werk „Blue Angel“, welches nun von dem Drehbuchautor und Regisseur Richard Levine als „Submission“ verfilmt wurde.

Im Zentrum des Geschehens steht der Dozent Ted Swenson (Stanley Tucci), der seit zehn Jahren an einem College in Vermont Kreatives Schreiben unterrichtet. Einst hatte er großen Erfolg mit seinem autobiografisch gefärbten Debütroman – aber das Nachfolgewerk lässt auf sich warten. Ted führt eine harmonische Ehe mit der College-Krankenschwester Sherrie (Kyra Sedgwick); dennoch ist Teds Alltag von Unzufriedenheit geprägt, nicht zuletzt aufgrund der kaum produktiven Zusammenarbeit mit den Studierenden in seinem Kurs. Doch dann erregt Angela Argo (Addison Timlin) seine Aufmerksamkeit. Die Studentin macht ihm zahlreiche Komplimente und bittet ihn darum, das erste Kapitel ihres entstehenden Romans zu lesen. Bald ist Ted von Angelas erotisch aufgeladener Prosa fasziniert – und auch körperlich kommen die beiden sich näher. Mehr und mehr muss Ted allerdings erkennen, dass Angela eindeutige Hintergedanken hegt.

Ohne Zweifel ist Submission ein sehr gut gespielter und souverän inszenierter Film. Der Plot weist indes diverse Schwächen auf. So wird etwa nie wirklich glaubhaft vermittelt, dass Angelas Arbeit mehr ist als ziemlich schwülstige Softporno-Belletristik im Stil der Shades-of-Grey-Reihe. Dadurch fällt es schwer, den Sog nachzuvollziehen, in den Ted durch das Lesen von Angelas Texten gerät.

Noch problematischer ist aber, dass der Film in seiner Behandlung von Machtverhältnissen und sexuellen Grenzüberschreitungen etliche Klischees bedient. Angela ist in erster Linie eine manipulative Femme fatale, die den älteren Dozenten verführt. Ihr Vorgehen ist dabei recht durchschaubar; sie schmeichelt Ted, indem sie seinen Roman als ihr Lieblingsbuch bezeichnet, sie fordert immer wieder kleine Gefallen von ihm und ist schließlich diejenige, die die sexuelle Interaktion initiiert. Der satirische Ton, welcher in der literarischen Vorlage noch deutlich stärker ist, verhindert zwar, dass Ted hier gänzlich als Opfer gezeichnet wird; gleichwohl hat Submission dem überkommenen Narrativ der jungen Verführerin, die einen angesehenen Mann zu Fall bringt, entschieden zu wenig an moderneren und differenzierteren Ansichten entgegenzusetzen. Angelas Motive bleiben – abgesehen von dem Wunsch, als Autorin zu reüssieren – allzu unklar; über Teds unprofessionelles Verhalten wird insgesamt zu wenig reflektiert.

Dass sowohl Stanley Tucci als auch Addison Timlin trotz dieser unzureichenden Figurengestaltung überzeugende Leistungen liefern, spricht für ihre Schauspielfähigkeiten. Gleiches gilt für Kyra Sedgwick, die als betrogene Gattin gegen Ende gar die beste Szene des Films zu verantworten hat. Submission verfügt somit über Potenzial. Doch um in der heutigen Zeit ein komplexes und kontroverses Thema, das sich mit Macht und Verantwortung befasst, neu aufzurollen, bedarf es mehr als solider Ansätze. Vielmehr ist es nötig, die Prämissen dieses Sujets zu hinterfragen und zu überdenken, statt alte Stereotype in neue Gewänder zu kleiden.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/submission-2017