Zwingli - Der Reformator (2019)

Hölzerne Geschichtsstunde

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Jedem ist Martin Luther als Begründer der evangelisch-lutherischen Kirche bekannt, doch vor allem in der Schweiz war es Zwingli, der als treibende Kraft der Reformation galt. Offen sprach er die Missstände innerhalb der katholischen Kirche an und wollte diese vom Fehlweg abbringen. Dieses opulente Drama setzt ihm ein Denkmal.

Der Film steigt im Januar 1519 ein, als Huldrych Zwingli (Max Simonischek) die Stelle als Leutpriester am Grossmünster in Zürich antritt. Bereits bei seinem ersten Gottesdienst predigt er auf Deutsch und hält sich nicht an die lateinische Liturgie. Sein Ansinnen ist es, dass die Menschen verstehen, was die Bibel erzählt. So beginnt er mit der Gemeinde das Lukas-Evangelium zu disputieren. Die Chorherren sind entsetzt. Zwingli soll es ja nicht dem Luther gleichtun. Die Zürcher selbst sind begeistert. Als Zwingli auch noch die Ansichten verbreitet, dass Fegefeuer, Seelenmessen, Fasten und Ablassbriefe nur Machtinstrumente der „faulen Mastsäue in Mönchskutten“ sind, ist es mit dem Frieden zu Ende.

Generalvikar Johann Faber (Oscar Sales Bingisser) ist der große Antagonist in der Handlung. Eisern will er an den Traditionen festhalten, aber natürlich ist es für ihn in erster Linie eine Frage des Machterhalts. Er erwirkt bei Bürgermeister Röist (Stefan Kurt), dass Zwingli der Prozess wegen Blasphemie gemacht wird. In geschickter Rhetorik gibt Zwingli alle Aussagen zu, will aber nur auf Grundlage der Bibel gerichtet werden. In der Tat wird er freigesprochen, doch die Pest kommt nach Zürich und auch Zwingli erkrankt. Die junge und schöne Witwe Anna (Sarah Sophia Meyer) kümmert sich aufopfernd um den Priester. Schon bald entwickelt sich hier eine Liebe, die Zwingli auch noch das Zölibat in Frage stellen lässt.

Mit 6 Millionen Schweizer Franken ist dies eine opulente Produktion. Schöne Stadtansichten, grausames Mittelalter, üble Pestkranke und auch die Ausstattung - alles kann sich sehen lassen. Doch leider wirkt der Held selbst ein wenig hölzern in der Kulisse. Bei allen seinen Sätzen meint man, Zwingli habe die sicher mal so vor 500 Jahren gesagt und vermutlich auch aufgeschrieben. Doch so bleibt der Protagonist leider eine Floskel und wird nicht zum Menschen aus Fleisch und Blut. Das ist nicht dem durchaus beherzt aufspielenden Max Simonischek zuzuschreiben, sondern vielmehr dem Drehbuch, das ihn wenige „banale“ Sätze sagen lässt. Alles muss bedeutungsschwanger sein und dieses Korsett zu sprengen, ist in diesem Fall schwieriger als gegen das Korsett der katholischen Kirche anzukommen.

Ganz im Gegensatz dazu steht seine Frau Anna Reinhart. Sie macht einen großen Wandel von der gläubigen Katholikin zu einer selbstbestimmten Frau durch. Der Zweifel, ob sie den richtigen Weg beschreitet, steht ihr lange ins Gesicht geschrieben. Fast ist die Ausprägung dieser Rolle eine zu moderne. Immerhin emanzipiert sich Anna von ihrer Mutter und ihrem bisherigen Glauben.

Huldrych Zwingli steht in Deutschland in der Wahrnehmung und mit seinem Beitrag zu einer reformierten christlichen Kirche weit hinter Luther zurück. Dabei sind die beiden Zeitgenossen und haben auch beinahe zeitgleich für die Abschaffung von Repressionen gegenüber Gläubigen zum Machterhalt der Kirche gekämpft. Zwingli - Der Reformator ist trotz seiner mitunter hölzernen Art, die etwas an mittelmäßige Theateraufführungen denken lässt, eine kurzweilige Geschichtsstunde und immerhin ein guter Einstieg, für alle, die sich näher mit den Gedanken der Reformation beschäftigen möchten.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/zwingli-der-reformator-2019