Moritz Daniel Oppenheim (2017)

Der Maler der Rothschilds

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Moritz Daniel Oppenheim wurde 1800 in Hanau geboren und hat sich aus dem dortigen Ghetto hochgearbeitet: Als erster jüdischer Maler mit akademischer Ausbildung hatte er den Mut, nicht nur bekannte Zeitgenossen wie Heinrich Heine, Felix Mendelssohn-Bartholdy oder die Familie Rothschild aufzusuchen, sondern auch in seinen Genredarstellungen vom Alltag und einem sich entwickelnden Selbstbewusstsein der jüdischen Bevölkerung zu erzählen. Das machte ihn zum visuellen Chronisten der Jüdischen Emanzipation, eines wichtigen Kapitels der deutsch-jüdischen Geschichte.

Das schildert der Dokumentarfilm von Isabel Gathof in Ansätzen, und das ist auch, was die Geschichte von Oppenheim so spannend macht: Er kommt aus einer großen Familie und hatte – so würde man heute sagen – ein gutes Netzwerk nicht nur innerhalb des jüdischen Bürgertums, sondern auch unter einflussreichen Zeitgenossen. Er hat sich Johann Wolfgang von Goethe vorgestellt und ihn portraitiert und eben die Rothschilds davon überzeugt, ihr Hofkünstler zu sein und die einflussreiche Familie zu portraitieren. So ging Oppenheimer als "Maler der Rothschilds und Rothschild der Maler" in die Geschichte. Leider aber sind es nur kurze Passagen, die auf diese Bedeutung Oppenheims hinweisen.

Dafür verliert sich der Film im Hin und Her zwischen den Betrachtungen seines malerischen Werks, dem Erzählen von Oppenheims Geschichte und der Herstellung einer Oppenheim-Skulptur, die seit 2015 auf dem Freiheitsplatz in Hanau steht. Einerseits verbindet dieses Changieren zwischen den erzählerischen Ebenen natürlich die Vergangenheit – Oppenheims Werdegang und Entwicklung zum einflussreichen Künstler – mit seiner heutigen Bedeutung für die Stadt Hanau, Deutschland und die jüdische Kunst. Andererseits nimmt der Strang um das Entwerfen, die Konstruktion und Aufstellung der Skulptur doch zu viel Raum und Spielzeit ein. Als Zuschauer verarbeitet man während dieser Sequenzen nicht unbedingt das eben Gesehene oder stellt sich Fragen zur Bedeutung Oppenheims für die Stadt Hanau heute, sondern wird lediglich davon abgelenkt. Die Idee ist gut gemeint, funktioniert aber nicht. Da hätte man sich mehr Details, mehr Informationen zu Oppenheim und seiner Vita gewünscht.

Spannend ist, dass die Filmemacherin die Urururenkel von Oppenheim aufgespürt hat und sie aus seinem Leben erzählen lässt. Damit wird Oppenheims Werdegang auch zum Teil einer Familiengeschichte, die heute noch weiterlebt und die dadurch nahbar gemacht wird. Die Nachfahren von Oppenheim erzählen auch viel von sich selbst, wie sie ihren Urururgroßvater erlebt und kennengelernt haben und zeigen, was ihnen das Wirken des Künstlers für sie und ihr eigenes Leben bedeutet.

Will man aber den Künstler Moritz Daniel Oppenheim kennenlernen, dann sind Ausführungen der Kunsthistoriker am wertvollsten. So gehören die Erklärungen zum Bild Heimkehr eines jüdischen Freiwilligen aus den Befreiungskriegen zu den nach alter Sitte lebenden Seinen von 1833/34 zu den lehrreichsten Passagen des Films, weil hier das Neue und Originelle am Kunstwerk Oppenheims ersichtlich wird. Schade, dass im Film nicht mehr seiner Gemälde so ausführlich besprochen werden.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/moritz-daniel-oppenheim-2017