Le Monde est à Toi (2018)

Tarantinoesque

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

So sehr die Franzosen auch Quentin Tarantino und seine Filme lieben und verehren – anscheinend war die Liebe bisher doch nicht groß genug, dass sich Filmemacher aus dem Mutterland des Kinos gefunden hätten, die in die Fußstapfen des Meisters aus Hollywood treten. Mit Romain Gavras’ zweitem Spielfilm "Le Monde est à toi" ändert sich das nun – und mit Vincent Cassel und Isabelle Adjani verfügt der Filme sogar über richtig große Namen, auch wenn die in der ziemlich gut gelaunten Thrillerkomödie eher die zweite Geige spielen.

Wobei, das muss man zugeben, Isabelle Adjani schon eine überaus dankbare Rolle bekommen hat. Sie spielt die Mutter von Fares (Karim Leklou), einem Kleinkriminellen aus einer Hochhaussiedlung in den Vororten von Paris, der sich eigentlich nach nichts mehr sehnt als nach einem anständigen und recht kleinbürgerlichen Leben. Sein Lebenstraum ist, als Alleinvertreter der Eismarke Mr. Freeze den gesamten nordafrikanischen Raum mit den Erfrischungen zu versorgen und zu Beginn hat er es fast geschafft, endlich die benötigten Lizenz zu erwerben. Dumm nur, dass seine Mutter, in weit höherem Maße mit krimineller Energie ausgestattet als ihr Sprössling, das Ersparte des Sohnemanns beim Zocken durchgebracht hat, so dass der erstmal vor den Scherben seines Traumes steht.

Um sich diesen doch noch erfüllen zu können, lässt sich Fares auf einen Deal ein, den er unter normalen Umständen niemals eingegangen wäre: Für den schrägen Putin soll er einen Deal mit dem „Schotten“ in Benidorm durchziehen. Doch der erweist sich als harte Nuss und erleichtert Fares und seine Begleiter (unter ihnen Vincent Cassel als Ex-Knacki, dessen sehnlichster Wunsch ein Wohnmobil ist) erstmal um die Kohle, ohne dafür eine Gegenleistung herauszurücken. Dann aber schreitet Mama ein und reist nach Spanien, um ihren Sohn aus der Patsche zu hauen. Im Schlepptau hat sie ausgerechnet Lamya (Oulaya Amamra), auf die Fares schon lange ein Auge geworfen hat. Und diese Gang entwickelt einen Plan, wie der Schotte doch noch zum Einlenken gebracht werden kann…

Einen Film wie Le Monde est à toi hätte man Romain Gavras nicht unbedingt zugetraut. Nicht dass es dem Sohn von Costa-Gavras etwa an Talent mangeln würde – davon zeugen ja etliche Musikvideos wie etwa die spektakuläre Umsetzung von M.I.A.s Born Free, auf dem dann auch sein erster Spielfilm Notre jour viendra lose aufbaute. Vielmehr überrascht der radikale Wechsel der Tonart und die scheinbare Leichtigkeit, mit der Gavras eine sehr treff- und stilsichere Thrillerkomödie hingelegt hat, die tatsächlich funktioniert und jede Menge Spaß bereitet.

Auch wenn das Zitat, das dem Film seinen Titel verlieh, aus Brian De Palmas Klassiker Scarface stammt, hat Le monde est à toi mit ihm wenig am Hut. Viel eher erinnert er neben dem bereits erwähnten Quentin Tarantino an die Filme von Guy Ritchie. Knackige und witzige Dialoge, bizarre und häufig kräftig überzeichnete Charaktere, elegante Wendungen und ein schmissiger Score machen aus dem Film ein überaus unterhaltsames Werk, das den Vergleich mit der Konkurrenz aus den USA und Großbritannien nicht scheuen muss. Ob das freilich ausreicht, um den Film auch in Deutschland auf die große Leinwand zu bringen, ist trotz der zugkräftigen Namen Cassel und Adjani dann doch eher fraglich.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/le-monde-est-a-toi-2018