Mantra - Sounds into Silence (2017)

Buddha Bar für Fortgeschrittene

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Regisseurin Georgia Wyss geht in ihrem Dokumentarfilm Mantra - Sounds into Silence dem Phänomen des Chanten nach und zeigt dabei Menschen, die zutiefst in sich versunken sind und scheinbar ihre Mitte gefunden haben. Mit geschlossenen Augen und seligem Lächeln auf dem Gesicht, bieten sie etwas Friedvolles und zugleich ungemein Verletzliches. Ausgelöst wird dieser Zustand durch Musiker und Musikerinnen, die gemeinsam mit ihrem Publikum einfache Melodien und Verse wiederholen. Quasi in Dauerschleife, ohne Anfang, ohne Ende.

Die Menschen, die diese Konzerte besuchen, haben Lebenskrisen, Burn Out oder einfach nur den ganz normalen Stress in Form von Social Media, E-Mail-Fluten, Telefon und Handy. Sie suchen ihr Heil in alternativen Methoden und nicht nur Yoga bietet sich dafür an, sondern auch das gemeinsame Singen von Chants, das immer populärer wird und Raum für Versunkenheit und Ruhen in der eigenen Mitte bietet. So erzählt die Kunsthändlerin Caren Fine, dass sie sich innerlich leer fühlte und nach einem Sinn im Leben suchte. Den hat sie nun im Chanten gefunden. Auch der Musiker Krishna Das erzählt Ähnliches und beschwört die heilende Wirkung dieser Musik. 

Wer das jetzt als pure Esoterik abtut, hat weit gefehlt, denn dass sich dadurch tatsächlich eine beruhigende und sogar gesundheitsfördernde Wirkung einstellt, ist wissenschaftlich erwiesen, deswegen wird Chanten auch in vielen psychosomatischen Einrichtungen als Therapieform angewandt. Georgia Wyss lässt den US-amerikanischen Neurowissenschaftler Andrew Newberg zu Wort kommen, der erklärt, dass sich ein Gehirn nach nur drei Monaten Meditation positiv verändert. Kein Wunder also, dass die Menschen in Mantra - Sounds into Silence alle so glücklich aussehen. 

Neben Krishna Das kommt auch Deva Premal zu Wort, die wie Carly Simon aussieht und in ihrem glockenhellen Gesang ein wenig an die kanadische Sängerin Loreena McKennitt oder an die irische New-Age-Musikerin Enya erinnert. Premal, in Deutschland geboren, ist ausgebildete klassische Musikerin und tritt seit fast 30 Jahren mit ihrem Lebenspartner Miten auf. Sie gehört zu den Superstars in der New-Age-Szene, 600.000 verkaufte Tonträger sprechen wohl für sich. Dass es nicht immer nur meditativ und ruhig zugeht, beweisen MC Yogi und C.C. White. Ersterer ist ein New Yorker Hip Hopper, der eine kriminelle Vergangenheit hat und durch einen Meditationskurs geläutert wurde. Er überrascht mit gerappten Hindu-Weisheiten und ist längst in der Welt der Chants und des Kirtans angekommen. Auch C.C. White mag auf den ersten Blick nicht so recht in die New-Age-Szene passen. Mit einer Mischung aus Soul und Funk sorgt sie denn auch weniger für ein in sich gekehrtes Auditorium, sondern vielmehr für fröhliche Ausgelassenheit im Publikum. Gerade diese beiden Künstler zeigen, dass Mantra - Sounds into Silence nicht nur für Esoteriker und religiöse Praktiker ist.

Georgia Wyss stellt in ihrem Dokumentarfilm die Vielfalt der Mantragesänge und deren heilende Wirkung sowohl auf das Publikum als auch auf die Musiker und Musikerinnen dar. Damit leistet sie fast schon eine Pionierarbeit zu einem Phänomen, das bislang wohl eher nur Eingeweihten zugänglich war. Und dennoch fehlt etwas in diesem Dokumentarfilm. Denn es werden zwar die Musiker und Musikerinnen zu ihren Ambitionen, diese Form der spirituellen Musik zu spielen, befragt, aber es gibt kaum Stimmen aus der Zuhörerschaft. Auch hätte Wyss näher auf die Geschichte, Bedeutung und Herkunft der einzelnen Mantras eingehen können, die dem Publikum textsicher von den Lippen gehen, dem gewöhnlichen Zuschauer ohne Mantra-Wissen wohl kaum. So macht der Film zwar neugierig, lässt aber doch einige Fragen offen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/mantra-sounds-into-silence-2017