Das schaffen wir schon

Ohne Ziel und Maß

Was hat sich Deutschland nicht schon über den folgenden, zudem fast immer aus dem Kontext gerissenen Satz aufgeregt, den Angela Merkel am 31. August 2015 auf dem Höhepunkt der sogenannten „Flüchtlingskrise“ fallen ließ: „Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!“ Darauf spielt nun auch die vorgeblich bitterböse Politsatire Das schaffen wir schon an, die auf die bevorstehende Bundestagswahl abzielt und gerne der Film zur Wahl sein möchte. Ein Vorhaben, das aber auf ganzer Linie scheitert. Was auch ein wenig daran liegt, dass der Film auf einer falschen Grundprämisse aufbaut, die längst vom Lauf der jüngsten Wochen und Monate ad absurdum geführt wurde. Das lässt aber immerhin einen Einblick in die ungefähre Entstehungszeit dieses sichtlich schnell und mit geringem Budget heruntergekurbelten Film zu.

In der Parteizentrale der CDU herrscht helllichte Aufregung – dank des Schulz-Effekts ist die SPD in den Umfragen der Konkurrenz weit enteilt, mit einer Wiederwahl Angela Merkels ist quasi nicht mehr zu rechnen, wenn nicht doch noch ein Wunder geschieht. Das stellt sich dann ausgerechnet bei der Polit-Talkshow „Sechs gegen Neunzig“ ein, bei der der Krawalljournalist und „Fickbock“ Frederic Neunzig (Constantin von Jascheroff) der anwesenden Politprominenz mal ordentlich auf den Zahn fühlen will. Daraus wird freilich nichts, weil die gerade bei einer Zeitarbeitsfirma entlassene Putzfrau Susanne Kleinke (Marie Schöneburg) unversehens das Fernsehstudio stürmt und die Kanzlerin sowie alle anderen Anwesenden mit einer Waffe und einem Sprengstoffgürtel bedroht. Ihre Forderungen: Abschaffung von Hartz IV, echte Chancengleichheit und die sofortige Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens. Der eigentliche Grund für ihren Zorn ist jedoch ihr ehemaliger Chef Harald Müllbeier, der sich zuvor in der Sendung hatte feiern lassen. Währenddessen rückt das BKA an und versucht, die Situation in den Griff zu bekommen. Die allerdings eskaliert fröhlich weiter vor sich hin, woran auch Strippenzieher(innen) im Hintergrund nicht ganz schuldlos sind.

Satire ist, wenn sie denn zünden soll, eine der schwierigsten Disziplinen überhaupt und manch einer verhebt sich gerne am vermeintlich leichten, in Wahrheit aber entsetzlich schweren Balanceakt zwischen Realität und Zuspitzung. Denn insbesondere die Übertreibung als wesentliches Mittel der Satire verlangt ein gewisses Augenmaß. Und genau hierin liegt die Crux von Das schaffen wir schon. Erscheint die Ausgangssituation des wilden Konstrukts trotz falscher, weil überholter Prämisse anfangs noch reizvoll, erschöpft sich die Story im weiteren Verlauf wegen peinlicher Dialoge, katastrophaler darstellerischer Leistungen, kilometergroßer Logiklöcher und einer stümperhaften Inszenierungsweise schnell und weckt den dringlichen Wunsch, diesen Film so schnell wie möglich zu beenden.


Wie sehr der Film jegliches Maß verloren hat, erschließt sich auch aus einem Detail, das den meisten Zuschauern wohl verborgen bleibt: Der Figur des schurkischen Arbeitgebers hat Andreas Arnstedt nämlich nicht ganz zufällig (daran lässt eine Charakterisierung des Mannes keinen Zweifel) den nur leicht verfremdeten Namen eines ihm nicht genehmen Filmkritikers (der im Übrigen auch für diese Seite hier schreibt) gegeben. Der zugrundeliegende Disput liegt viele Jahre zurück und ist eigentlich kaum der Rede wert – wäre da nicht diese hochnotpeinliche Retourkutsche eines gekränkten Filmemachers, der seinem Feind offensichtlich Strafen auf dem Pipi-Kaka-Niveau an den Hals bzw. ganz woandershin wünscht. Nun gut …
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/das-schaffen-wir-schon