Breaking In (2018)

Lassen Sie mich durch, ich bin eine Mutter!

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Es ist wahrlich nicht einfach, im Action-Genre wirklich Neues zu erfinden, also bedient man sich hier oftmals der Wiederholung, wenn auch mit kleinen Devianzen zum Grundkonzept. So auch Breaking In. Hier muss nämlich eine Mutter in das eigene, hermetisch abgeriegelte Haus einbrechen, um ihre Kinder zu befreien, die dort von gewalttätigen Ganoven gefangen gehalten werden. Als Grundprämisse erstmal gar nicht so uninteressant.

Zumal die Mutter Shaun (Gabrielle Union) gleich mehrere Aspekte in sich vereint, die man im Action-Kino so kaum sieht. Shaun ist nämlich wirklich „nur“ eine Mutter und keine insgeheim gut ausgebildete Counterterrorismus-Fachkraft. Hinzu kommen die offensichtlichen Abweichungen vom sonst üblichen Action-Star: Sie ist weiblich, sie ist Afroamerikanerin und sie ist Mutter zweier Kinder, Jasmine (Ajiona Alexus) und Glover (Seth Carr).

Viel verrät der Film nicht über die Grundproblematik der Ausgangssituation. Shauns Vater ist kurz davor, vor Gericht zu landen, weil er im großen Stil betrogen hat. Doch dazu kommt es nicht, bei seinem morgendlichen Rundlauf wird er krude überfahren. Nun muss Shaun in sein Landhaus fahren, um es abzuwickeln. Es ist das Haus, in dem sie aufwuchs, und auch das Haus, in dem sie mit ihrem Vater viele Streitereien erlebte, die sie schließlich zum Anlass nahm, ihre Beziehung zu ihm zu beenden. Doch nun steht sie auf dem großen Anwesen, ihre beiden Kinder im Schlepptau, und wundert sich. Auf den ersten Blick sieht alles aus wie immer, doch die Sicherheitsmaßnahmen des Hauses wurden eindeutig angepasst. Es ist ein „Smart House“ und lässt sich von einem Kontrollzimmer aus mit einer Fernbedienung steuern. Hinzu kommt eine komplette Überwachung aller Räume per Video und Bewegungsmelder, Rollläden, die alles hermetisch abschirmen, und andere eigenartige Gimmicks. Wieso versteht Shaun nicht. Aber noch etwas ist komisch. Bei der Ankunft ist die Hauptsicherheitsanlage ausgefallen.

Viel denkt sich Shaun dabei aber nicht. Ein Fehler, wie sich schnell herausstellt. Als ihre Kinder im Haus sind und sie auf dem Hof, um dort per Telefon eine Pizza zu bestellen, wird die Familie von vier Männern überfallen, die im Haus schon gewartet haben. Die Kinder werden festgesetzt, Shaun selbst kann sich dem Zugriff entziehen. Doch was nun? Die Kinder sind im Haus als Geiseln und die Ganoven, allen voran ihr Anführer Eddie (Billy Burke) wissen, dass sie Shaun damit in der Hand haben. Denn welche Mutter würde etwas tun, das ihren Kindern schaden könnte?

Diese Frage beantwortet der Film dann schließlich mit allen Tricks und Kniffen. Grundprämisse ist dabei eben die Frage nach Mutterschaft, denn diese Mutter ist keine, die in der Ecke sitzt und heult und bettelt. Shaun ist eher eine dieser „Löwenmütter“, die zu Bestien werden und den Kriminellen von da an das Leben zur Hölle macht. Dabei stellt sie sich in der Tat so geschickt an, dass es äußerst viel Spaß macht, ihr dabei zuzusehen. Im Grunde erinnert ihre Figur stark an Bruce Willis in Stirb langsam, mit dem Unterschied, dass Shaun rein und nicht raus muss. Doch die Mischung aus Intelligenz, einfachen, aber wirkungsmächtigen Ideen und einem Hauch von Coolness funktioniert hier recht gut. Wäre da nicht dieses ganz große Problem des gesamten Filmes. 

Nun könnte man sagen, dass man schon dankbar sein muss, solch eine Figur im Film zu haben, denn es gibt sie fast gar nicht, diese kompetenten, weiblichen, afroamerikanischen Actionheldinnen. Aber beim genaueren Hinsehen hat man die hier auch nicht, denn Shaun, die so komplex und ambivalent sein könnte, wird von Drehbuch wenig subtil konstant auf ihre Mutterrolle heruntergebrochen. So sehr sogar, dass die gesamte psychologische Tiefe und Motivation dieses Filmes allein darauf fußt. So kommt der Film schon mit dem äußerst kruden Werbeclaim „Rache ist ein Mutterinstinkt“ daher, der erstmal ganz cool klingt, bei näherer Betrachtung aber nicht allzu viel Sinn ergibt. Im Verlauf der Handlung wird Shaun immer wieder mit eigenartigen Ideen von Mutterschaft plakatiert, die sie entweder zu erfüllen hat oder eben genau ob dieser Plakatierung nun unterlaufen muss. Wie auch immer sie sich entscheidet, sie kommt nicht aus dieser Rolle heraus. Dabei geht der Film sogar so weit zu postulieren, dass eine Frau ja nur ob dieser sagenumwobenen Mutterschaft und den dazugehörigen Schutzinstinkten überhaupt jemals in solch einen Action-Modus wechseln würde, was, mit Verlaub, ganz schöner Quatsch ist. Und eben die Idee der Diversifizierung solcher Rollen wieder komplett unterwandert.

Und so höhlt James McTeigue seine Idee, die so progressiv hätte sein können, konstant selbst aus. So sehr sogar, dass man der Figur selbst und damit dem Film als Gesamtes irgendwann den Glauben entzieht, was auch auf den Actionteil an sich große Auswirkungen hat. Wenn Shaun dann in die Kamera „Sie wissen gar nicht wozu ich fähig bin. Ich bin eine Mutter“ raunt, möchte man einfach nicht mehr zuschauen. Man stelle sich nur vor, Bruce Willis hätte in Stirb langsam immer wieder sagen müssen „Ich bin ein Cop!“. 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/breaking-in