Prinzessin Emmy (2018)

Zuckersüß und zahm

Eine Filmkritik von Falk Straub

„Noch eine rosarote Prinzessinnen-Welt. Muss das sein?“, fragt der Egmont Ehapa Verlag auf der offiziellen Homepage seiner kleinen Adligen „Prinzessin Emma“. Piet De Rycker hat aus ihren Abenteuern, die als Vorlesebücher, Hörbücher und Magazine zu haben sind, einen Zeichentrickfilm gemacht. Die Eingangsfrage drängt sich auf. Denn die Welt, in die der belgische Regisseur uns entführt, ist ziemlich perfekt.

 

Das Königreich heißt Kandis und hier scheint alles bonbonbunt. Die Hauptstadt liegt am Meer, der Familiensitz an einer malerischen Klippe. Ein Märchenschloss mit historistischen Türmchen. Neuschwanstein und all seine Disney-Variationen lassen grüßen. Was fehlt da noch zum Mädchenglück? Richtig, Pferde. Nicht eins, nicht zwei, nein 26 Stück! Und um den Traum in Rosarot perfekt zu machen, kann sich Titelheldin Emmy mit den Tieren verständigen. Um ihre Gabe nicht zu verlieren, muss sie gleich mehrere Prüfungen bestehen. Die härteste steht mit ihrer fiesen Cousine Gizana ins Haus, die Emmy nicht nur bei den Vorbereitungen zum Prinzessinnenball manipuliert, sondern auch hinter ihrem Geheimnis her ist.

Auf den ersten Blick schreckt diese Welt ab. Die Animationen sind flach, allenfalls auf Fernsehniveau. Der Inhalt wirkt überholt. Brauchen Mädchen, die von der Räubertochter bis zur Kanzlerin alles werden können, solche Prinzessinnenträume? Auf den zweiten Blick lichtet sich die Lage, zumindest ein wenig. In Emmys Familie hat Königin Karla (deutsche Stimme: Franka Potente) die Hosen an, während ihr Vater als ulkiger Hausmann schrecklich stinkende Muffins bäckt. Die übrigen Jungs, Emmys bester Freund David und ihr älterer Bruder Moritz, bleiben Randfiguren. Emmy hat ihren eigenen Kopf und ein gutes Herz, ist im Gegensatz zur eingebildeten Gizana bescheiden. Ihre Herausforderungen meistert sie ganz ohne männliche, lediglich mit tierischer Hilfe.

Die Rollenverteilung mag stimmen, das Setting bleibt zuckersüß und zahm. So modern sich der Film auch gibt, er steckt im engen Adelskorsett. Und noch etwas anderes geht Prinzessin Emmy ab. Ihr Benimmlehrer Vincenzo Massimo Cerimonata (deutsche Stimme: Uwe Ochsenknecht) formuliert es mit seinem italienischen Akzent wie folgt: „Ohne Balangse keine Elegangse.“ Sergio Cascis Drehbuch, an dem Sven Duym mitarbeitete, gerät ständig aus dem Gleichgewicht. Zu viele Figuren ohne ersichtliche, geschweige denn gewichtige Funktion bevölkern diesen Film, tauchen kurz auf und unvermittelt wieder ab – angefangen bei den 26 Pferden bis zum Hausgeist Gregorius. Zwischen Benimmkurs, Tanzkurs, Cousinen-Streichen und Pferde-Abenteuer verliert die Handlung beständig ihren Fokus.  

Piet De Ryker, bislang als Thilo Rothkirchs Ko-Regisseur von Der kleine Eisbär (2001), Lauras Stern (2004) und dessen Fortsetzungen bekannt, erfindet in seiner ersten eigenständigen Regie die Märchenwelt nicht neu. Braucht es also noch eine weitere rosarote Prinzessinnen-Welt? Vielleicht für Eltern, die selbst von Märchenschlössern träumen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/prinzessin-emmy