Die Rückkehr des Helden (2018)

Der Schwindler mit dem großen Schnurrbart

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die Figur des Hauptmanns Neuville (Jean Dujardin) ist wie geschaffen für einen lustigen Kostümfilm. Schmuck sieht er aus mit seinem mächtigen Schnurrbart, der knallroten Uniformjacke und dem siegessicheren Lächeln. Kaum hat er 1809 um die Hand der Schlossbewohnerin Pauline (Noémie Merlant) angehalten, muss er auch schon in den napoleonischen Krieg gegen Österreich ziehen. Er hat aber keine Lust, als Kanonenfutter zu dienen, und Briefeschreiben ist auch nicht sein Ding. Als er drei Jahre später, zerlumpt und elend, wieder auftaucht, bietet sich ihm eine ungeahnte Gelegenheit, in neuem Glanz zu erstrahlen.

Um Pauline zu trösten, hatte ihre ältere Schwester Elisabeth (Mélanie Laurent) heimlich Liebesbriefe von Neuville an sie verfasst. Elisabeth erfand Neuville als Kriegshelden, der nach Indien weiterziehen musste, dort die wildesten Abenteuer erlebte, bevor er schließlich, quasi mit der Schreibfeder in der Hand, dem Tod im Kampf entgegensah. So ebnete sie Pauline den Weg, den jungen Nicolas (Christophe Montenez) zu heiraten. Elisabeth ist entsetzt, als sie den desertierten Neuville in der nahen Kleinstadt wiedersieht und gibt ihm Geld, damit er verschwindet. Doch Neuville kehrt gut gekleidet zurück und wird von ihren Eltern freudig empfangen, die in ihm den Helden sehen. 

Nun entspinnt sich zwischen Elisabeth und Neuville ein vehement geführter Machtkampf um das Schicksal des glorreichen fiktionalen Hauptmanns. Neuville eignet sich die Rolle mit großem Talent zum Überschwang an. Elisabeth greift zu drastischen Gegenmaßnahmen, um den Tausendsassa loszuwerden, der sich anschickt, emotionalen und finanziellen Schaden in der Familie anzurichten. Dabei ist die aus Überzeugung ledige Frau selbst nicht immun gegen den Charme Neuvilles.

Regisseur Laurent Tirard (Der kleine Nick, Molière) liebt den nostalgischen Blick zurück. Diesmal erweist er der französischen Abenteuerkomödie der 1960er und 1970er Jahre, mit ihren Mantel-und-Degen-Filmen und dem häufig in der Rolle des Draufgängers besetzten Jean-Paul Belmondo seine Reverenz. Tirard schwebte nach eigener Aussage eine Mischung aus der übermütigen Action dieses praktisch ausgestorbenen Genres und der gesitteten Welt à la Jane Austen vor. Die strenge Elisabeth repräsentiert letztere, als geistig unabhängige, scharfsinnige Frauenfigur. 

Einen Großteil seiner Komik bezieht der Film aus dem Duell der Blicke, das sich Neuville und Elisabeth liefern, beispielsweise wenn sie sich beim Tafeln im Schloss in großer Runde gegenübersitzen. Elisabeth gibt sich so spröde, zurückgenommen und kühl, als betrachte sie den fidelen Selbstdarsteller aus heutiger Distanz. So entsteht ein gewisser Verfremdungseffekt, der reizvoll wirkt, aber Gefahr läuft, sich abzunutzen. Mélanie Laurent wirkt sperrig wie ein Fremdkörper in dieser Komödie. Sie legt die introvertierte Art, die seit dem Drama Keine Sorge, mir geht’s gut zu ihrem Image gehört, auch hier nicht ab. 

Aber auch Laurents Charakter verfügt wie die anderen Figuren über die Selbstironie, die ein Wesensmerkmal dieser auf possenhafte Leichtigkeit setzenden Komödie ist. Jean Dujardin erweist sich als ideale Besetzung für den Münchhausen-Typ Neuville. Der charismatische Schauspieler, der für seine Rolle in The Artist den Oscar bekam, drückt stets Belustigung aus, aber dabei auch so viel Menschlichkeit, dass dem Hauptmann die Sympathien nur so zufliegen. 

Tieferen Sinn macht diese Geschichte nicht und die wenigen Anspielungen auf die Gegenwart kreisen mehr oder weniger um das Thema des Sich-Erfindens, des Spiels mit Identitäten zum eigenen Nutzen. Die Albernheiten nehmen gegen Ende immer mehr zu, wenn die Geschichte Volten schlägt, die ihr dramaturgisch aufoktroyiert wirken. Neuville muss um jeden Preis eine Bewährungsprobe bekommen, dann wieder das Schlitzohr markieren … 

Aber Tirard gelingt es dennoch, eine ganze Weile sehr amüsant zu unterhalten. Er beherrscht das komödiantische Timing exzellent. Es ist köstlich, in welch verkürzter Form sich in einer einzigen Szene oder Schnittfolge komplizierte, abenteuerliche Entwicklungen zusammenballen können. Gute Laune bewirken auch die gelegentlichen Anspielungen auf das Western-Genre, beispielsweise in der Filmmusik. Es ist dem Regisseur auf jeden Fall gelungen, den Retrocharme der historischen Abenteuerkomödie heraufzubeschwören. Aber das Publikum bekommt zugleich vorgeführt, dass es den naiven Blick nur noch bedingt aufbringt, der sie einst so beliebt machte.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/le-retour-du-heros