Criminal Squad (2018)

Harte Kerle im Duell

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Es ist ein durchaus stimmungsvoller Anfang: Die Kamera folgt den nächtlichen Straßen von Los Angeles, Einblendungen entlarven die amerikanische Großstadt als Hochburg von Banküberfällen. Alle 48 Minuten ereignet sich in der Stadt der Engel einer. Dann beginnt zu der Musik von Cliff Martinez ein weiterer Überfall, allerdings nicht auf eine Bank, sondern auf ein bewachtes Auto vor einem Donut-Laden.

Ein Teil der Wachmannschaft kauft gerade ein, als Autos angefahren kommen, das Fahrzeug blockieren und maskierte Männer den Fahrer auffordern, den Wagen zu verlassen. Aber der Fahrer weigert sich, löst einen stillen Alarm aus – und alles führt zu einer wilden, maßlosen Schießerei, an deren Ende die Fahrer und Begleiter des Geldtransporters sowie mehrere Polizisten tot sind. Das passt dem Anführer Ray Merrimen (Pablo Schreiber) gar nicht, denn nun sind sie nicht nur Räuber, sondern auch Polizistenmörder. 

Merrimen ist ganz klar ein Alpha-Mann, ein Anführer, der weiß, was er tut und klare Befehle erteilt. Ein Ex-Militär, ein Profi. Aber ein Mann reicht für diesen Film nicht, es folgt der erste Auftritt des Cops Nick Flanagan (Gerald Butler). Völlig verkatert taucht er am Ort des Überfalls auf, spuckt sein Kaugummi auf den Boden, verunreinigt damit den Tatort und weil er so ein richtig harter Kerl ist, greift er sich auch noch einen Donut aus der Schachtel, die einer der Ermordeten fallengelassen hat. Damit ist der Tonfall von Criminal Squadfestgelegt, es folgt ein rund zweistündiger Schwanzvergleich zwischen dem korrupten Cop Flanagan und dem Gangster Merrimen. 

Grundsätzlich könnte das spannend sein, konventionelle Genrekost eben. Aber Regisseur und Drehbuchautor Christian Gudegast ist weitaus ambitionierter, schließlich kennt er die Genreklassiker und will sich an sie anlehnen. Es stellt sich heraus, dass die Räuber so viele Menschen getötet haben, um einen leeren Geldtransporter zu stehlen. Das stimmt Flanagan misstrauisch und er ahnt, dass an der Sache etwas faul ist. Deshalb stellt er sich im Büro der Cops vor ein Whiteboard mit Fotos und Notizen und verkündet, dass Merrimen dahinterstecken muss. Eine Untersuchung des Falls – überflüssiger Schnickschnack, Flanagan weiß einfach, wer der Täter ist. Tatsächlich war dieser Überfall kein Versehen, sondern die Gruppe um Merrimen plant den größten Coup in der Geschichte der Überfälle. Sie wollen die Federal Reserve Bank ausrauben! Aber Flanagan hat diesen hervorragenden Riecher und geht deshalb in die Bar, in der in Los Angeles die großen Verbrechen geplant werden. Das ist recht praktisch, dass sich die Verbrecher dort treffen – denn warum sollte man einen Treffpunkt wählen, den die Cops nicht kennen? Kurzerhand entführt Flanagan den Barkeeper Donnie (O’Shea Jackson), von dem der geniale Cop weiß, dass er das schwächste Glied in der Gruppe um Merrimen ist. Also betäubt er ihn, steckt ihn in ein Hotelzimmer, in dem er mit seinen Kollegen, Alkohol und Prostituierten einen auf dicke Hose macht, bevor er den wieder erwachten Donnie foltert und dazu zwingt, für ihn als Spitzel zu arbeiten. Natürlich nicht ohne noch einmal darauf hinzuweisen, dass nicht die Räuber die bad guys seien, sondern die Cops.

Damit soll nun ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Merrimen und Flanagan beginnen, das wenigstens spannend, eventuell aber doch auch an Michael Manns Heat erinnern soll. Nur leider sind einem diese Figuren, um die es hier geht, völlig egal. Einzig Donnie kann einem ein wenig leidtun, doch in dem zentralen Duell fiebert man mit niemandem mit. Hier gibt es keine Konflikte, nur Abhaken von Plot-Wendungen, hier gibt es keine Entwicklung der Charaktere, vielmehr sind alle Nebenrollen völlig belanglos. Da nutzt auch die Besetzung mit 50 Cent nichts und Frauenfiguren muss man gar nicht erst suchen. Dazu kommen immer mehr hanebüchene Drehbuchentscheidungen. Beispielsweise lässt es sich Flanagan nicht nehmen, in einem Restaurant Donnie anzusprechen, nur um Merrimen zu beweisen, dass er an ihm dran ist. Aber warum installiert man erst einen Maulwurf, um ihn dann kurze Zeit später auffliegen zu lassen? Die Antwort scheint nahezuliegen: Anscheinend will Gudegast gerne eine direkte Konfrontation zwischen Cop und Räuber, natürlich an einem Ort, an dem man essen kann. Das gab es ja in Heat ebenfalls. Außerdem muss Flanagan erst beweisen, wer die dickeren Eier in der Hose hat, ehe er dann am Ende eine Art Respekt zeigen kann. 

Das ist alles an sich schon ärgerlich – und wird es noch mehr, wenn man bedenkt, dass die Überfälle inklusive des großen Raubs tatsächlich spannend sind und die finale Volte dann einen ganz anderen Ansatz offenbart, der weitaus interessanter gewesen wäre. Fast könnte man geneigt sein, hierin einen Kommentar von Gudegast zu den vorherrschenden Konventionen des Genres zu sehen, aber das wäre dann wohl doch zu viel des Guten. Denn wer sie vorher so lustvoll bedient, sollte hinterher nicht klagen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/criminal-squad