A fábrica de nada (2017)

Die Abschaffung der Arbeit

Eine Filmkritik von Lucia Wiedergrün

Als Kind des industriellen Zeitalters ist der Film seit seinen Anfängen von maschineller Arbeit fasziniert. Da sich die Bilder von rauchenden Kaminschloten, und das Stakkato der Fließbandarbeit so tief ins filmische Gedächtnis eingegraben haben, ist gerade ihr demonstratives Fehlen immer mit einem besonderen Schmerz verbunden. Noch dramatischer als der demonstrative Stillstand ist aber das völlige Fehlen der Maschinen, wie es Pedro Pinho auf eindrucksvolle Art und Weise in "A Fábrica de Nada" inszeniert und dafür in diesem Jahr in Cannes mit dem FIPRESCI Preis der internationalen Filmkritik ausgezeichnet wurde.

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Der Film spielt im von der Finanzkrise angeschlagenen Portugal. Die Arbeiter*innen einer Fahrstuhlfabrik müssen geschockt feststellen, dass die Führungsetage ihrer Firma eines Nachts die Maschinen hat abbauen und abtransportieren lassen. Da sich die Belegschaft weigert, auf die in den kommenden Tagen eintreffenden Abfindungsangebote der Firma einzugehen, bleibt sie alleine in den halbleeren Fabrikräumen zurück. Wie ein lebendiges Mahnmal des Niedergangs steht zunächst noch jeder Einzelne an seinem Platz, auch wenn die Maschinen und mit ihnen auch die Arbeit längst verschwunden sind. Um gegen die Angst, zusammen mit den Maschinen einfach zu verschwinden, und gegen die tiefe Melancholie einer Welt, die sie als Arbeiter und damit auch als Menschen nicht mehr braucht, aufzubegehren, müssen sie sich bewegen und damit dem Stillstand entgegenwirken. Und so entwickeln die Arbeiter*innen eine lakonische Art, sich spielerisch tanzend durch die Räume zu bewegen und diese damit ganz langsam in Besitz zu nehmen.

Auch der Film tanzt sich langsam durch seine eigene Erzählung. Er beginnt dabei in einem dokumentarisch wirkenden Stil, der sehr nah an den Diskussionen in der Fabrik bleibt und die Arbeiter*innen und deren Existenzängste zu Wort kommen lässt. Dabei wird ihren Fragen danach, wie sie morgen ihre Kinder versorgen sollen, wenn sie heute keinen Job mehr haben, viel Platz eingeräumt. Über den weiteren Verlauf des Films mischen sich unter diese Stimmen der Betroffenen auch abstraktere Überlegungen, Gesprächsfetzten, Diskussionsbeiträge, in denen sich die Hoffnungen und Vorstellungen einer linken intellektuellen Elite ausdrücken, die über das nahe Ende des Kapitalismus sinniert. Ohne sich jemals explizit über eine Person oder eine Meinung zu erheben, wird schnell deutlich, dass A Fábrica de Nada immer auf Seiten derer steht, die die Fragen stellen. Wer Antworten gibt, wirkt hingegen schnell lächerlich, egal ob er auf dem Chefsessel sitzt oder eine rote Fahne schwenkt. In dem Maße, in dem die von der Lebenswirklichkeit der Arbeiter*innen so entfernten Diskussion zunehmend unsinniger erscheinen, wird auch das filmische Bild absurder, zwischen den farblosen Industrielandschaften lauern kleine Normabweichungen, unter anderem in Gestalt einer Gruppe Strauße. Dabei kippt der Film allerdings nie vollends ins Groteske, sondern stellt vielmehr immer deutlicher die Skurrilität als festen Teil eines ansonsten grauen Alltags aus.

Dass sich in vielen kleinen Momenten eine wunderbare Komik Bahn bricht und der Film sein Publikum auf eine wohlig melancholische Art, aber nicht tief traurig, aus dem Kino entlässt, liegt daran, dass er zwar keine Antworten hat, auf die bedrückenden Fragen einer spätkapitalistischen Gesellschaft, aber dafür viel Liebe für deren Individuen. Eine Lösung kann A Fábrica de Nada seinen Figuren damit nicht bieten, aber indem er ihnen ihre Würde zurückgibt, schenkt er auch seinen Zuschauer*innen ein kleines Stück Humanität.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/the-nothing-factory