Hilfe, unser Lehrer ist ein Frosch

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Man muss sich die niederländische Dorfschule als einen Ort idyllischsten Lernens vorstellen. Das liegt jedenfalls nahe, wenn man sich die durchaus zahlreichen Kinderfilme betrachtet, die aus den Niederlanden kommen und in denen (meist) Grundschüler_innen und ihre Lehranstalten eine mehr oder minder große Rolle einnehmen (Mister Twister – Wirbelsturm im Klassenzimmer und seine Fortsetzungen, aber auch Dummie die Mumie). Fast immer, so viel fällt auf, gibt es dort entspannte Lehrer (meist schüchterne Männer von äußerst angenehmen Wesen), die mit den Kindern so lästige Dinge wie Lehrpläne eher nebenher übernehmen und ansonsten fast auf Augenhöhe agieren.
Oder eben auch mal von weiter unten: Den Titel von Hilfe, unser Lehrer ist ein Frosch! darf man durchaus wörtlich nehmen. Lehrer Franz (Jeroen Spitzenberger) verwandelt sich nämlich tatsächlich in einen hübschen grünen Frosch, wenn sein Umfeld ihn durch „Frosch“-Rufe oder wiederholtes Quaken zwingt, an die kleinen Amphibien zu denken. Erst der Verzehr einer Fliege macht ihn dann wieder zum Menschen. Als seine Schülerin Sita (Yenthe Bos) das entdeckt, ist sie natürlich überrascht, willigt aber gerne ein, es vor den anderen Schülern geheim zu halten.

Gefahr droht dann von ganz anderer Seite: Der neue Schulrektor Storch (Paul Kooij) setzt aufs strikte Durchsetzen von Regeln und Franz’ lockerer Unterrichtsstil ist ihm ein Dorn im Auge. Und als plötzlich die ganze Klasse herausfindet, dass Franz manchmal zum Frosch wird, droht ihm schon die Kündigung ...

Anna van der Heides Film (nach einem Kinderbuch von Paul van Loon) öffnet eine Welt, die immer eine kleine Spur neben der realen läuft: Sitas Mutter Ceciel (Georgina Verbaan) ist alleinerziehende Tierärztin, ein bisschen verpeilt und mit ihrer Arbeit und mit Tieren verheiratet. Deshalb ist ihr Haus voll mit Getier, überall sind freilaufende Küken und Meerschweinchen, überall stehen auch Lebensmittel herum – aber, so viel Traumwelt muss sein, kein Ungeziefer, keine Köttel, nirgends.

Das Kind also macht der Mutter eine Brotzeit für den Weg und sich selbst ein Abendessen, Sita geht selbst und alleine zum Elternabend. Und sie formuliert am Ende auch klar, dass sie das nicht mehr möchte – aber zugleich wird nie der Eindruck erweckt, Ceciel vernachlässige ihre Tochter oder sei eine schlechte Mutter. Sondern primär halt eine mit anderen Prioritäten, und da geht eben auch manchmal etwas schief.

Hilfe, unser Lehrer ist ein Frosch! ist von Anfang bis Ende von einer grundlegend positiven Grundstimmung durchsetzt, die seine Phantasiewelt zusammenhält und dafür sorgt, dass die Nahtstellen zur „echten“ Realität nicht zu unangenehm werden. Die gute Laune führt freilich auch dazu, dass der zentrale Wendepunkt des Films (Spoiler: Es dreht sich um Herrn Storch und seinen sprechenden Nachnamen) keine wirkliche Überraschung ist.

Und wenn man an diesem Kinderfilm etwas aussetzen möchte, dann vielleicht den Umstand, dass er die Mensch-Tier-Metamorphosen nicht für ein paar tiefere Gedanken nutzt. Das Zurückgeworfensein auf eine spezifisch konnotierte tierische Natur wird hier auf die schlichten Kategorien „harmlos“ (Frosch) und „gefährlich“ (Storch), gut und böse reduziert. Die Ambivalenzen, die im Fressen und Gefressenwerden stecken (auch der Frosch braucht tierisches Futter), die Auflösung der klaren moralischen Grenzen vielleicht sogar – all das bleibt außen vor.

Oder anders gesagt: Hilfe, unser Lehrer ist ein Frosch! will halt nicht mehr sein als ein einfacher, ziemlich bezaubernder, ein wenig magischer Kinderfilm, in dessen Welt sich moderne Realität und Märchen berühren. Darin allerdings ist er mehr als erfolgreich, nie bemüht und gestelzt. Vor allem Paul Kooij bei der Balz mit einem Storchenweibchen zuzusehen, ist ein großer Spaß und ein großes Glück.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/hilfe-unser-lehrer-ist-ein-frosch