Janoschs Traumstunde (Serie)

Hängematten-Fernsehen

Eine Filmkritik von Simon Hauck

"Wenn man einen Freund hat, braucht man sich vor nichts auf der Welt zu fürchten!", lautet ein Janosch-Evergreen, den wirklich jedes Kind in Deutschland kennt. Seit inzwischen schon mehr als dreißig Jahren begleiten einen – ob als Kind, Mama oder Papa, Oma oder Opa – Janoschs zeitlos schöne Gedanken in Form von Zeichnungen, Illustrationen, Radierungen, Hörspielen oder Zeichentrickfolgen (und inzwischen leider auch schon recht viel kommerziellem Krimskrams) durch das Leben.

Wer wird beim Schlagwort "Panama" nicht sofort an Janoschs vielleicht berühmteste Abenteuergeschichte denken? Nach Jahren in der künstlerischen Leere um die Jahrtausendwende herum, tritt der nach wie vor äußerst scheue Horst Eckert, so heißt er im wirklichen Leben, mittlerweile auch wieder vermehrt in Einzelausstellungen in Erscheinung oder gibt der Presse ab und an ebenso rätselhafte wie selbstironische Statements mit auf den Weg. Nein, ein leichter Mensch, erst recht kein leicht durchschaubarer, war dieser Janosch nie. Selbst seit seinem breit gefeierten Comeback im Jahr 2013, seitdem arbeitet er wieder exklusiv im Wochenturnus für DIE ZEIT, diversen Sonderbriefmarken der Deutschen Post, zahlreichen Ehrungen im In- und Ausland, vielfachen Übersetzungen seiner Werke in über 40 Sprachen und einem breit gefüllten Bankkonto dank Abermillionen verkaufter Exemplare seiner bis heute gut 300 Werke, ist er im Grunde weitgehend ein Phantom für die Öffentlichkeit geblieben.

Aus Geburtstagen macht er sich nichts, ebenso wenig aus Geld oder materiell hochpreisigen Dingen. Im Gegenteil: Bereits seit 1980 lebt der 1931 im oberschlesischen Hindenburg (heute: Zabrze / Polen) geborene Janosch im selbst gewählten Exil auf Teneriffa: Bescheiden in einem nach seinen Eremitenvorstellungen konstruierten Haus in den Bergen. Dort haust er "glücklich, gesund wie ein Koyote", wie er vor einigen Jahren in einem seiner seltenen Interviews bekannte – und im Kern als autistisches Wesen: "Am liebsten wäre ich unsichtbar", erklärte der weltbekannte Kinderbuchautor und Illustrator beispielsweise zu seinem 85. Geburtstag einer verdutzten Presseschar.

Obwohl längst als eigenbrötlerische Künstlergestalt – Patrick Süskind, ein anderer Münchner, lässt aus der Ferne grüßen – ein moderner Klassiker für jede neue Generation, trifft auf diesen seltsam genialen wie autistischen Mann gerade das berühmte Zitat aus dem Munde von König Ludwig II absolut zu: "Ein ewig Rätsel will ich bleiben mir und anderen." Umso besser, dass trotz aller Kauzigkeit ihres Schöpfers Janoschs Traumwelten scheinbar jeden catchen können.

Denn wo Selbstironie anfängt, sich mit herrlich anarchischem Humor paart und schließlich in Alltagsphilosophie übergeht, beginnen dann auch die Heldenreisen für Jung und Alt in Janoschs Traumstunde. Der Kinderfernsehklassiker der späten 1980er Jahre wurde jüngst von EUROVIDEO in hervorragender Bildqualität restauriert und in einer vierteiligen DVD-Box veröffentlicht. Zum ersten Mal sind hier nun alle 43 Janosch-Geschichten gemeinsam vereint, die von 1986 bis 1989 produziert – und seitdem im öffentlich-rechtlichen Programm vielfach wiederholt wurden.

Und dabei – bei einer Neusichtung stellt sich dieses wunderbare Gefühl rasch wieder ein – überhaupt nichts von ihrem TV-Klassiker-Status eingebüßt haben: Die ersten Takte Musik, der erste Auftritt des großen, dicken Waldbären, die kurzen Pausen und natürlich all die farbenfrohen Tier- und Menschengestalten. Ob Hannes Strohkopp, der fliegende Popov, Tiger und Bär, Schnuddelbuddel oder Antek Pistole: Mit ihnen gelingt – zumindest minutenweise – eine echte Zeitreise zurück in die eigene Kindheit! Da ist er ja wieder, mein geliebter Rabe Josef, und da kommt schon der Quasselkaspar. Und wer war das gleich wieder? Ach, der Hase Robinson: Genau!

So geht das eigentlich immerzu, zum Glück! Quasi ganze 712 Minuten lang. Janoschs Traumstunde gleicht auch heute noch einer verführerischen Hängematte, die sich gedanklich jederzeit aufhängen lässt. Kurzum: Oh wie schön ist diese Box! Denn mit Janoschs Geschichten hat man das Paradies prinzipiell immer im Handgepäck. Und jetzt: Psssst, da kommt schon die nächste Folge: "Es waren einmal ein kleiner Bär und ein kleiner Tiger, die lebten unten am Fluss. Dort, wo der Rauch aufsteigt, neben dem großen Baum ..."
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/janoschs-traumstunde