Army of One - Ein Mann auf göttlicher Mission (2016)

Bärtiger sucht Bärtigen

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Der schräge Vogel, der hier in gutmütig-wahnsinniger Manier als Hauptfigur dieser Komödie hektisch über die Leinwand rauscht, kommt der uninformierten, spontan schauenden Zuschauerschaft bestimmt sofort bekannt vor. Wer rätselt, statt zu recherchieren, könnte auf jenen wandelbaren John Cusack verfallen, wie er in Spike Jonzes großartigem Spielfilmdebüt Being John Malkovich zu sehen ist. Doch weit gefehlt – die nähere, intensive Sichtung des kauzigen Kriegers in göttlicher Mission offenbart dann doch bei leichtem, fasziniertem Entsetzen, dass kein Geringerer als Nicolas Cage den graubärtigen Helden Gary Faulkner verkörpert, der auszieht, um den weltweit gesuchten Terroristen Osama Bin Laden (Amer Chadha-Patel) aufzuspüren. Vermag es Nicolas Cage auch regelmäßig, in seinen Rollen eine gewisse markante, sexy Coolness auszuprägen, imponiert er hier durch ein absolut gegensätzliches Schauspiel der niedlich-naiven bis lärmenden Verwegenheit, gleichermaßen überzeugend wie gewöhnungsbedürftig für diesen Hollywood-Star, der damit sein Stammspektrum in komischer Hinsicht skurril ausdehnt.

Im Alter von zwölf Jahren, gerade nach einer unerfreulichen, unterlegenen Konfrontation mit anderen Jungs, widerfährt Gary Faulkner (als Kind: Arien Boey) ein prägendes Erlebnis der ganz besonderen, wunderlichen Sorte: Gott (Russell Brand) persönlich in menschlicher Gestalt spricht zu ihm, tröstet ihn über die Belästigungen hinweg und verleiht ihm kurzerhand mächtige Schwertkräfte. 35 Jahre später, als der abgetakelte, mittlerweile ernsthaft nierenkranke Gary gerade mit Marci Mitchell (Wendi McLendon-Covey), seinem einstigen Highschool-Schwarm, anbändelt, erhält er einen göttlichen Auftrag: Ausgerechnet er soll den flüchtigen Osama Bin Laden schnappen, der in Pakistan vermutet wird. Engagiert und erfolgsgewiss schreitet Gary zur Tat, doch es wird noch einige Wege und Umwege dauern, bis Gary dem Gesuchten in Pakistan begegnet, zumal er zunächst beschließt, mit einem maroden Segelboot dorthin zu reisen ...

Eine sanfte, sympathische und süffige kleine Komödie hat der aus Brooklyn stammende Filmemacher Larry Charles (Borat, Der Diktator) mit Army of One – Ein Mann auf göttlicher Mission inszeniert, der im vergangenen Herbst vorwiegend in den US-amerikanischen Kinos lief und jetzt in Deutschland im Heimkinoformat erhältlich ist. Diese mild ironisierte Auseinandersetzung mit einem so ernsthaften wie drastischen US-amerikanischen Trauma setzt – ausgegeben als mehr oder weniger "wahre Begebenheit", zu der es bedauerlicherweise auf der Blu-ray keine sachlichen Hinweise gibt – ganz auf die agile Hauptfigur. Trotz glücklicher Wendungen in seinem Lebensumfeld, an denen er einen ganz engagierten Eigenanteil hat, folgt der Dialyse-Patient als laut auftönender, widerborstiger und tapferer Underdog dem göttlichen Ruf zur Suche nach Osama Bin Laden, den Gary ordnungsgemäß vor ein US-amerikanisches Gericht zu stellen gedenkt. Selbst die übliche Nicolas-Cage-Synchronstimme Martin Keßlers dröhnt und kreischt auf Deutsch kräftig auf, was nahezu über die gesamte Länge des Films hinweg bisweilen allzu übersteuert klingt.

Gedreht wurde Army of One – Ein Mann auf göttlicher Mission nicht in den USA und in Pakistan, sondern in Kanada und Marokko, und am Ende des Films taucht der tatsächliche Gary Faulkner auf, der sich, so wird lakonisch bemerkt, von den Filmeinnahmen eine neue Niere kaufen will, um seine Mission fortzusetzen. Damit gewinnt das schräge Biopic zumindest augenscheinlich an Authentizität, ungeachtet der Vagheit, die diese Aussage in ihrer satirischen Form transportiert. Die humanistische, rechtschaffene, unorthodoxe und mitunter gutmenschentümlich geprägte Perspektive und Haltung des Helden aber bleibt auch im Finale und darüber hinaus erhalten. Denn während seiner Reise baut Gary auch einige Vorurteile ab, fasst ansatzweise gar Fuß in der fremden Gesellschaft, findet Freunde und sehnt sich später dorthin zurück, trotz seiner heimatlichen und familiären Bindungen in den USA. Dass Gott persönlich ihn nicht nur legitimiert und aussendet, sondern auch gelegentlich begleitet und sogar als eine Art Coach für ihn fungiert, lässt diesen Gary Faulkner tendenziell wie einen infantilisierten Repräsentanten des modernen US-Amerikaners wirken, dessen Ur-Typus Bob Dylan bereits 1963 in seinem Song With God on Our Side skizziert hat. Wenn Gary im Film nach einigen Mühseligkeiten – natürlich in einer Höhle – leibhaftig auf Osama Bin Laden trifft, herrscht nicht Hass- und Mordlust, sondern entspannte Plauderei, was wohl die brisanteste politische Aussage dieser Komödie darstellt, die in dieser Hinsicht ansonsten erfrischend ungezwungen im unverfänglich heiteren Bereich verbleibt.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/army-of-one-ein-mann-auf-goettlicher-mission-blu-ray