Kingsglaive: Final Fantasy XV

Seelenloses Spektakel

Eine Filmkritik von Falk Straub

Viele Computerspiele können erzählerisch längst mit Filmen mithalten. Spektakuläre Bilder für eine Adaption liefern die meisten gleich mit. Dennoch misslingt der Transfer ins andere Medium regelmäßig. Auch die epische Saga Final Fantasy scheitert mit ihrem dritten Versuch Kingsglaive: Final Fantasy XV erneut.
Der Beginn ist atemberaubend. Nyx Ulric (Originalstimme: Aaron Paul) und seine Mitstreiter aus der titelgebenden Königsgarde stehen auf einer Wehrmauer, den Feind fest im Blick. Blitz und Donner rollen heran, gebären überlebensgroße Biester. Während die einen sie mit der Magie ihrer bloßen Hände in Schach halten, teleportieren sich die anderen im Kampfgetümmel immer dorthin, wo ihr Wurfdolch gerade gelandet ist. Als die Schlacht schließlich verloren geht, ergreifen die Ritter in Geländewagen die Flucht. Willkommen in der Welt von Final Fantasy! Hier treffen mittelalterlich anmutende Kleidung und überdimensionierte Schwerter auf modernste Technik, ein Mischmsach der Mythologien und Religionen auf Popkultur.

In diesem Potpourri-Universum können selbst Kenner den Überblick verlieren. 15 Haupttitel und zahlreiche Ableger sind seit 1987 erschienen. Erschwerend hinzu kommt, dass die Videospiele keine fortlaufende Geschichte und von Welten erzählen, die nur lose miteinander verknüpft sind. Der kurze Prolog, den Regisseur Takeshi Nozue Kingsglaive: Final Fantasy XV vorangestellt hat, ist daher genau richtig, um Fans und Fachfremde auf das kommende Spektakel einzustimmen. Der Animationsfilm erscheint zwei Monate vor dem zugehörigen Spiel und erzählt dessen Parallelgeschichte. Wir befinden uns in der Welt Eos, in der magische Kristalle über Jahrhunderte Frieden und Wohlstand sicherten, bis die Nation Niflheim ihre Nachbarstaaten mit Krieg überzieht. Einzig das Land Lucis unter König Regis Lucis Caelum (Sean Bean) leistet noch Widerstand. Unter der Bedingung, dass Lucis' Thronfolger sich mit Lunafreya Nox Fleuret (Lena Headey), der ehemaligen Prinzessin von Tenebrae, vermählt, sind Niflheims Kanzler Ardyn Izunia (Darin De Paul) und Herrscher Iedolas Aldercapt (David Gant) zu Friedensverhandlungen bereit. Oder führen sie etwas ganz anderes im Schilde? Und kann der einfache Gefolgsmann Nyx Ulric ihre Pläne durchkreuzen?

Die Geschichte ist ganz klassisch. Mit Nyx Ulric steht ein edler Außenseiter im Mittelpunkt, der sich in einer unaufrichtigen Gesellschaft nach oben kämpft. Dabei verzettelt sich Drehbuchautor Takashi Hasegawa jedoch allzu schnell in so vielen Ränken und Wendungen, dass auch die erfahrenen Zuseher zusehends den Überblick verlieren. Nozues Regie setzt dieser Unübersichtlichkeit spektakuläre Schauwerte entgegen, bis sein Animationsfilm schließlich eine einzige lange Actionsequenz geworden ist, bei dem oben und unten so häufig durcheinander purzeln, dass auch hier der Durchblick schwerfällt.

Doch das ist nicht einmal das größte Problem. Bei einem reinen Animationsfilm verzeiht das Publikum solch opulente Schlachtengemälde eher als in Realfilmen, bei der nur die Action aus dem Rechner stammt. Zunächst überwiegt das Staunen angesichts der computergenerierten Bilder, die im Vergleich zu Final Fantasy – Die Mächte in dir (2001) noch einmal einen Quantensprung vollzogen haben. Eben diese, der Wirklichkeit teils täuschend echt nachempfundenen Landschaften, Gegenstände und Gesichter sind aber auch die Crux dieses Films, da die Zuschauer sie permanent mit ihrer eigenen Wirklichkeit abgleichen. Es klingt paradox: Gerade der angestrebte Realismus erschwert die Identifikation mit den Figuren. Denn am Ende sieht das Publikum – bei aller technischen Perfektion – letztlich keine Menschen, sondern nur seelenlose Figuren auf der Leinwand. Das Staunen über die Technik ist dann längst einem Schulterzucken gewichen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/kingsglaive-final-fantasy-xv