Palmen im Schnee - Eine grenzenlose Liebe

Schönes Leben in der Kolonie

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Die große Liebesgeschichte des jungen Spaniers Kilian (Mario Casas), der in den 1950er Jahren sein Herz auf einer spanischen Kolonie-Insel vor der Küste Afrikas verliert. Dabei zugleich auch die große Liebesgeschichte seiner Nichte Clarence (Adriana Ugarte), die Jahrzehnte später auf eben dieser Insel den Spuren ihrer Vorfahren nachgeht und dabei – ihr Herz verliert. Und natürlich die große Geschichte der Befreiung Äquatorialguineas aus der Kolonialherrschaft Spaniens. Was für ein Film, zweieinhalb Stunden voller Liebe, Leidenschaft und Intrigen. Man weiß gar nicht, welches Problem von Palmen im Schnee am schlimmsten ist.
Die Auswahl ist reichhaltig, darum vielleicht beginnend mit dem Titel: Eine grenzenlose Liebe – eine Liebe, die sich über Kontinente und gesellschaftliche Teilung hinweg durchsetzen kann. Denn eigentlich, sind wir doch mal ehrlich, war dieser ganze Kolonialismus auch eine muntere Angelegenheit: Abends tanzt man gemeinsam am Feuer, nur der eine oder andere Plantagen-Arbeiter muss gelegentlich ausgepeitscht werden. So ist das eben in einer strengen, aber fairen Herrschaft. Unterdrückung, mag sein, aber im Grunde ist der einzige Antagonist der böse Bruder (Alain Hernández) des guten Hirten Kilian. Letzterer ist zwar streng genommen auch höchst aktiver Teil des kolonialistischen Systems – aber er ist nun einmal einer von den Guten. Oder so einfach hätte Palmen im Schnee es zumindest gerne.

Grenzenlos ist in diesem Film also eigentlich nur eins: Die Verharmlosung, mit deren Scheuklappen die Ausnutzung und Unterdrückung der Arbeiter auf der spanischen Plantage als belangloses Setting genutzt wird, um eine ganze Reihe schmalziger Affären zu entwickeln. Eingebettet wird dies in die Rahmenerzählung einer Suche nach den eigenen Vorfahren, bei der Nichte Clarence in der Gegenwart die Insel ihres Vaters und Onkels erkundet. Doch auch die Rahmenerzählung kippt unvermittelt in eine Geschichte, die in völlig fehlgeschlagener Parallelisierung erneut erzählt, wie die spanische Besucherin plötzlich mit dem Inselbewohner (Djedje Apali) anbandelt. Verknüpft über eindimensional-offensichtliche Naturmetaphern. Nein, wie süß diese Schildkröten aber auch sind, die immer wieder an den Ort ihrer Geburt zurückkehren. Größer und schmerzhafter könnte der Wink nicht sein.

Worauf Palmen im Schnee letztlich hinaus möchte, vergeht dabei in seinem Bestreben, eine simple Gefühlsregung nach der nächsten zu wecken. Wo geweint, gelacht und mitgefiebert werden soll, wird mit dem Vorschlaghammer inszeniert – immer bekömmlich, allzu ernste Blicke auf die Erzählung gibt es nicht, schon gar nicht auf deren Setting. Der Versuch, eine Geschichte epischen Ausmaßes auf die Leinwand zu bringen, eine Geschichte der Liebe über drei Generationen einer Familie, scheitert kläglich an der Belanglosigkeit dieses Films, die über die viel zu langen zweieinhalb Stunden Laufzeit vor allem zu einer Belastungsprobe wird. Allein wäre das aber nicht einmal so schlimm – problematisch ist es erst in der Schamlosigkeit, mit der Palmen im Schnee sich blind eines historischen Rahmens bedient, der unreflektiert zum Nährboden für eine selten so schlicht erzählte Romanze wird.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/palmen-im-schnee-eine-grenzenlose-liebe