Das Jerico Projekt - Im Kopf des Killers

Stars und pures Mittelmaß

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Hochkarätig besetzt, hierzulande aber nur auf Blu-ray und DVD zu sehen: Dass der mit Science-Fiction-Elementen angereicherte Actionthriller Das Jerico Projekt – Im Kopf des Killers keinen deutschen Kinostart erhalten hat, ist nachvollziehbar, wenn man die Qualität des Films betrachtet. Aus einer kruden, dennoch spannenden Prämisse, die an Selfless erinnert, holt Regisseur Ariel Vromen (The Iceman) nicht mehr als einen in jeder Hinsicht mittelprächtigen Reißer heraus, der sein Darstellerensemble spürbar unterfordert. Moralische Fragen, die sich im Zuge der Handlung auftun, werden gestreift, allerdings nicht ernsthaft in den Blick genommen, womit der Film die Gelegenheit verpasst, sich zumindest ein wenig vom anspruchslosen Genredurchschnitt abzuheben.
Als der für den spanischen Terroristen Xavier Heimdahl (Jordi Mollà) arbeitende Hacker Jan Strook alias 'The Dutchman' (Michael Pitt) kalte Füße bekommt und sich in London dem CIA-Agenten Bill Pope (Ryan Reynolds, der auch in Selfless mitwirkte) anvertraut, muss Letzterer plötzlich um sein Leben rennen. Heimdahls Schergen jagen den Beamten durch die britische Hauptstadt, kriegen ihn zu fassen und foltern ihn zu Tode, ohne jedoch den Aufenthaltsort des Computerexperten aus ihm herauszupressen. Da Pope seinen Vorgesetzten Quaker Wells (Garry Oldman) nicht rechtzeitig ins Bild setzen konnte, will dieser einen ungewöhnlichen Weg gehen, um an die gewünschten Informationen zu gelangen. Kurzerhand kontaktiert er den Neurowissenschaftler Dr. Franks (Tommy Lee Jones), der eine Methode entwickelt hat, mit der man die Erinnerungen eines Toten theoretisch in einen anderen Körper transplantieren kann. Obwohl das Verfahren noch nie an einem Menschen getestet wurde, landet der gefühlskalte Killer Jerico Stewart (Kevin Costner) auf dem OP-Tisch. Dummerweise kann der Schwerverbrecher nach dem Eingriff, ausgerüstet mit Popes Erfahrungen und Fähigkeiten, allerdings der CIA entwischen.

Während Tarsem Singh in Selfless in Ansätzen die Identitätsverwirrung und Verunsicherung seines mit einem neuen Bewusstsein ausgestatteten Protagonisten beleuchtet, reduziert Vromen die psychologischen und ethischen Überlegungen auf ein Minimum. Ab und an darf sich Jerico bei Erinnerungsattacken an den Kopf fassen und wundern, warum er auf einmal ein Gefühl für Recht und Unrecht entwickelt. Ein großes Interesse an seiner Verfassung ist aber nicht zu spüren. Vielmehr dient Stewarts innere Zerrissenheit als Aufhänger für eine Treibjagd, die ohne das SciFi-Gimmick rundum schematisch erscheinen würde. Warum ausgerechnet eine empathielose Tötungsmaschine Popes Gedächtnis eingepflanzt bekommt, ist dabei eine Frage, die das Drehbuch im Vorbeigehen wenig überzeugend klärt.

Auch wenn der Film seinen Thriller-Plot eher uninspiriert herunterspult, blitzt in einigen Szenen kompetentes Actionhandwerk auf. Annehmbaren Nervenkitzel bieten Popes Flucht vor Heimdahls Handlangern und die Passage, in der Jerico seinen Häschern auf einer beweglichen Brücke entrinnen kann. Hollywood-Star Kevin Costner liefert in einer für ihn ungewöhnlich brutalen Rolle eine ordentliche Leistung ab und verleiht dem gefühlskalten Killer, der sich nur langsam wandelt, eine erfrischend unberechenbare Aura. Gerade in der ersten Hälfte muss man immer wieder damit rechnen, dass sein altes Ich hervorbricht. Eher blass fällt im Vergleich der eigentliche Schurke Heimdahl aus, dessen Regierungskritik plump anmutet und dessen Terrorpläne nicht wirklich originell daherkommen. Verheizt wird leider auch ein Schauspielveteran wie Tommy Lee Jones, der als bahnbrechender Neurowissenschaftler lediglich Stichworte einwerfen darf. Etwas besser trifft es da schon Gary Oldman, dem das Drehbuch einige prägnante Wutanfälle zugesteht. Ihm, Jones und Costner hätte man allerdings für ihre zweite Zusammenarbeit nach Oliver Stones Verschwörungsthriller JFK – Tatort Dallas einen stärkeren Film gewünscht.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/das-jerico-projekt-im-kopf-des-killers