Mohn ist auch eine Blume

Augen auf beim Drogenkauf

Eine Filmkritik von Martin Beck

Manche Filme sind so kurios, dass man erst zu spät merkt, was für ein zähes Lüftlein hier doch durchs "exotische" Abenteuerambiente wabert. Bei Mohn ist auch eine Blume dürfte bereits reichen, dass der Film von den Vereinten Nationen und Xerox produziert wurde. Jawohl, von den Vereinten Nationen. Und Xerox. Und als solcher anscheinend eine Anti-Drogen-Botschaft transportieren soll, verpackt in ein James Bond-iges Actionabenteuer unter der Regie von Terence Young. Der dabei auf ein jedes Poster zukleisterndes Star-Ensemble zurückgreifen konnte, das "für die gute Sache" auf die üblichen Gagen verzichtete.
Yul Brynner. Omar Sharif. Marcello Mastroianni. Angie Dickinson. Rita Hayworth. Senta Berger. Trevor Howard. Gilbert Roland. E.G. Marshall. Stephen Boyd. Anthony Quayle. Eli Wallach. Trini Lopez (der gleich ZWEI Songs singt – "La Bamba" und "Lemon Tree"). Grace Kelly. Howard Vernon. Nadia Tiller. Und... noch etliche weitere Persönlichkeiten, die, wie üblich bei solchen Monsteraufläufen, allesamt ein Garant für mäßige filmische Qualität sind. Statt die Stars dem Drehbuch unterzuordnen, wird hier das Drehbuch den Stars untergeordnet. Statt Spannung und Logik dominiert eine Schnitzeljagd namens "wer kann die meisten Namen zuordnen".

Der rote Faden hierfür, der all diese Auftritte ermöglicht, ist eine Ladung radioaktiv verseuchtes Opium, das mittels Geigerzähler vom Iran bis nach Europa verfolgt werden kann. Die Vereinten Nationen wollen so den für den Handel verantwortlichen Gangstern auf die Schliche kommen. Da der beste Agent (Stephen Boyd) schon bald mit Beton an den Füßen im Meer versenkt wird, sollen es nun zwei alte Hasen (E.G. Marshall und Trevor Howard) richten – die dem Opium hinterherreisen und folglich genügend Gelegenheiten für örtliche Bekanntschaften bieten. In Neapel wartet zum Beispiel Inspektor Mosca (Marcello Mastroianni), Senta Berger ist eine Nachtclub-Ringerin, Rita Hayworth spielt eine Drogenabhängige und Grace Kelly spricht die Einleitung. In der sie vor Drogen warnt.

Nein, wirklich böse kann man Mohn ist auch eine Blume nicht sein, dafür ist die Schnitzeljagd einfach zu unterhaltsam und abwechslungsreich. Wenn man allerdings mal die Stars ausblendet oder am besten keine Ahnung hat, wer hier wer ist, dann bleibt vor allem ein schnittiger Anfang und ein zumindest halbwegs schnittiges Ende (an Bord des Luxuszugs "Train bleu"). Der Rest des Films dagegen zieht sich so gemächlich dahin, dass man sich fragen darf, warum Terence Young hier engagiert wurde, und beinhaltet auch keine nennenswerten Anflüge von Action oder Spannung. Dem Publikum wird schlicht keine Zeit gelassen, mit irgendwem hier mitzufiebern, weil niemand lange genug dafür vor der Kamera bleibt.

Die einzige Chance hierfür wären die beiden UN-Drogenfahnder, jene bereits erwähnten alten Hasen, doch so richtig ins Zeug legen die sich auch nicht gerade. E.G. Marshall und Trevor Howard sind gestandene B-Bananen, die hier zur Abwechslung mal im Zentrum stehen und dabei vor allem als Stichwortgeber zum nächsten A-Gesicht dienen. Letztendlich bleibt unklar, was genau Mohn ist auch eine Blume für ein Konzept hatte, denn sowohl als Actionabenteuer als auch als Drogenthriller ist hier kaum etwas zu holen. "Spot the star" und nur wenig mehr, immerhin verpackt in eine mit guter Bild- und Tonqualität gesegneten DVD-Premiere von Great Movies. Irgendwelche Extras, selbst das auf der französischen DVD enthaltene Interview, fehlen leider komplett.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/mohn-ist-auch-eine-blume