Jagd auf Dillinger

"Ich gebe es zu, ich habe gesündigt."

Eine Filmkritik von Martin Beck

Man möchte es kaum glauben: Ein John-Milius-Film, mit Warren Oates in der Hauptrolle, der erst jetzt auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht wird. Irgendwie scheint Jagd auf Dillinger ein wenig unter die Verleih-Räder gekommen zu sein, was vor allem deswegen erstaunlich ist, weil der Film ein echter Kracher ist. Warren Oates spielt wie ein Wahnsinniger auf der Charisma-Orgel, die Produktionsfirma AIP garantiert reißerische Action und die restliche Besetzung, mit Namen wie Ben Johnson, Richard Dreyfuss, Cloris Leachman, Harry Dean Stanton oder Geoffrey Lewis, kann sich ebenfalls sehen lassen.
Dillinger wird ab und an angeklagt, einfach nur eine laute Coverversion von Bonnie & Clyde zu sein – ein Vorwurf, über den Regisseur und Drehbuchautor John Milius milde lachen dürfte. Wie so oft beweist Milius auch hier ein begnadetes Händchen für saftige Typen und eine starke, vor Energie nur so rauchende Geschichte, die sicher nicht die historisch akkurate Feinfühligkeit von Arthur Penn besitzt, aber dafür unglaublich viel Spaß macht. Dillinger war nicht einfach nur ein Bankräuber, sondern auch ein charismatischer Draufgänger, der jeden Tag wie seinen letzten gelebt hat. Ein Popstar als Amerikas Staatsfeind Nummer 1, und in seinem Schlepptau eine Bande gesetzesuntreuer Großmäuler, die ebenfalls gehöriges Unterhaltungspotential vorweisen.

Jagd auf Dillinger verurteilt seine Hauptfigur nicht, sondern gönnt ihr eine rauschende Party, die selbst der großen Depression im Amerika der dreißiger Jahre unterhaltsame Seiten abgewinnt. Warren Oates, der hier eine seiner besten Vorstellungen überhaupt gibt, zeichnet die Titelfigur als lauten Teufelskerl, der bei seinem Tun verdammt viel Spaß hatte und darüber nichts weniger als den Untergang des Wilden Westens einläutete. J. Edgar Hoover gründete das FBI und Melvin Purvis (Ben Johnson) ging so gnadenlos brutal auf die Jagd nach dem Staatsfeind, dass er damit das Ende großer Gangster-Haudegen besiegelte. Recht und Ordnung sind natürlich schön und gut, aber halt leider auch verdammt langweilig.

Es geht ja die Legende, dass J. Edgar Hoover höchstpersönlich im Drehbuch von Jagd auf Dillinger herumstrich, doch trotzdem kommt Purvis als linkes Schwein und Dillinger als lässiger Superstar rüber. John Milius konzentriert sich auf die letzten zwei Jahre des Mannes und inszeniert die Biographie als Abfolge von Momentaufnahmen, die vor allem von Action leben und gekonnt mit Archivaufnahmen und Zeitungsschlagzeilen ergänzt werden. Kein Mensch sollte hier ein lebensnahes Porträt erwarten, sondern lieber einen unterhaltsamen Gangsterschwank mit historischer Note, den Milius, der alte Rebell, angenehm anarchisch und liberal eingenordet hat.

Jagd auf Dillinger ist ein oftmals unterschätzter Film, der in der B-Riege des New-Hollywood-Kinos rangiert und seine lauten Lacher bis in die oberste Etage der A-Riege erschallen lässt. Kein wirklich wichtiges oder renommiertes Werk, sondern einfach nur breitbeiniges bis erfreulich ironisches Männerkino, dessen beste Episoden, wie zum Beispiel der Gefängnisausbruch mit der geschnitzten Seifenpistole, ohrenbetäubenden Stammtischrunden ab 1,5 Promille vorbehalten sind. Die DVD und Blu-Ray von Explosive Media präsentieren den Film in ansprechender Qualität, wobei die deutsche Synchro ganz schön klamaukig ausgefallen ist. Extras gibt es bis auf den Trailer leider keine.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/jagd-auf-dillinger