Sieben Tage Frist

"Das ist kein Internat mehr, sondern ein Leichenschauhaus!"

Eine Filmkritik von Martin Beck

Bitte den unscheinbaren Titel ignorieren und den etwas holprigen Anfang überstehen, und schon steht man knietief in einem auf eigentümliche Weise faszinierenden deutschen Kriminalfilm. Sieben Tage Frist war die erste Regiearbeit Alfred Vohrers für Roxy Film, nachdem er zuvor viele Jahre im Dienste von Edgar Wallace unterwegs war. Das Drehbuch stammte von Manfred Purzer, an der Kamera stand Ernst Kalinke und davor agierten unter anderem Joachim Fuchsberger, Konrad Georg, Horst Tappert, Karin Hübner, Petra Schürmann und Frithjof Vierock. Die deutsche A-Liga anno 1969, spannungsreich postiert zwischen Edgar Wallace, Tatort, Johannes Mario Simmel und Giallo.
Die Handlung des Films spielt an einem norddeutschen Internat, wo Studienrat Fromm (Konrad Georg) eines Tages eine Ohrfeige austeilt. Empfänger ist der Schüler Kurrat (Arthur Richelmann), der daraus einen großen Skandal machen möchte und nur durch das Einschreiten des Rektors (Robert Meyn) wieder beruhigt werden kann. Es gibt eine offizielle Entschuldigung, auch an Kurrats Vater (Otto Stern), doch schon kurz danach sind beide Kurrats verschwunden. Die Ermittlungen übernimmt Inspektor Klevenow (Horst Tappert), der nicht gerade zimperliche Methoden anwendet... und schon bald sein Arbeitsgebiet auf Morde ausweiten muss.

Sieben Tage Frist basiert auf dem Roman Sieben Tage Frist für Schramm von Paul Henricks, der damals einen Nerv der Zeit traf. Die Geschichte ist vor allem ein Whodunit-Rätsel, das aber weit über schematische Standards hinausgeht, und wird ergänzt durch grandioses Zeitkolorit, saftige Rollen, getragen von großartigen Schauspielern, und nicht zuletzt einen superben Soundtrack von Hans-Martin Majewski. Alfred Vohrer war einfach Profi und holte auch hier alles raus. Das beste Beispiel hierfür ist Konrad Georg, der selten so große Rollen bekam und sich dafür mit einer vielschichtigen, facettenreichen Darbietung bedankte.

Überhaupt, der ganze Film wimmelt vor charismatischen Typen, wie zum Beispiel Frithjof Vierock, der den unsterblichen Satz "der ruiniert uns die ganze Eskalation!" rausbellen darf, oder Horst Tappert als härtester Bullen-Hund seit Maurizio Merli. Ausgerechnet Joachim Fuchsberger, der hier zum siebten (und letzten) Mal mit Vohrer drehte, bleibt relativ blass, doch ansonsten werden die Tapeten von den Wänden gekaut. Ganz großes Schauspielerkino, und dabei natürlich exaltiert, reißerisch, mit großen Gesten. Sieben Tage Frist ist durchaus auch ein Giallo, aber halt mit typisch deutschem Flair und einem ausgeprägten Hang zu zeitgerechtem Bahnhofs-Flair.

Vohrer zoomt in einer Tour, in einem Stripladen gibt es Drogen und große Brüste, die durchweg unsympathisch gezeichneten Schüler überschlagen sich mit knarzigem Zeitgeist-Slang und die dazugehörigen Lehrer machen (zum Teil) den Eindruck repressiver Kinderschänder. Das Internat pendelt zwischen verschwitzter Spießigkeit und exzessiven moralischen Abgründen. Der Inspektor muss sich quasi wie eine Bulldogge im Porzellanladen gebärden, um schließlich zu der überraschenden, weil bedeutungsschweren und eben nicht schon ewig vorher bekannten Auflösung zu kommen.

Im Vergleich zu den Edgar-Wallace-Filmen mag Sieben Tage Frist ein wenig bekanntes Schattendasein führen, doch nichtsdestotrotz ist das eines der besten Werke Alfred Vohrers und einer der spannendsten deutschen Filme der späten sechziger Jahre. Die DVD des Labels Filmjuwelen bietet ein gutes Bild, einen etwas verrauschten Ton und zwei wunderbare Wochenschauberichte. Dass das Cover vorzüglich gestaltet ist und wie immer ein schickes Booklet beiliegt, ist hier inzwischen selbstverständlich. Eine rundum tolle Veröffentlichung, die einer Entdeckung des Films den roten Teppich ausrollt.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/sieben-tage-frist