N.Y.C. Underground (DVD)

Run & Hide im U-Bahn-Tunnel

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Nicht immer müssen sich die adoleszenten Protagonisten eines Films in eine Hütte im Wald begeben, um Schreckliches zu erleben – manchmal reicht es schon, wenn sie einen berüchtigten Stadtbezirk aufsuchen und sich dort mit den falschen Leuten einlassen.
Die Kids aus Jessy Terreros Thriller N.Y.C. Underground verlassen ihre privilegierte Park-Avenue-Welt und fahren – natürlich in einer Limousine – nach Brooklyn, um einen Club zu besuchen. Dylan (Rob Mayes), Sam (Evan Ross), Chloe (Arielle Kebbel), Jessica (Dania Ramirez) und Hannah (Crystal Hunt) werfen sich feierwütig ins Nachtleben – und geben sich dabei dem mit Alkohol, Drogen und elektronischer Tanzmusik befeuerten Hedonismus hin. Der selbstsüchtige "rich boy" Dylan hat den freitagabendlichen Ausflug allerdings nicht nur zum Vergnügen unternommen – denn er möchte hier einen Deal mit dem notorischen Drogenhändler Siman (Clayne Crawford) machen. Als er und sein widerwillig anwesender, älterer Bruder Logan (Sean Faris) Zeugen werden, wie der psychopathische Siman einen Mord begeht, ist die Teen-Clique jedoch alsbald auf der Flucht vor dem Gangster und seiner rabiaten Gang. Den Schönen und Reichen steht eine hässliche Nacht in den Subway-Tunneln New Yorks bevor…

N.Y.C. Underground ist ein B-Picture, dessen Handlung auch der Stoff eines John-Carpenter-Films der 1980er Jahre sein könnte: Nachdem die Lebenssituation des Hauptpersonals (in der Upper East Side) sowie der Nightclub-Exzess (in Brooklyn) präsentiert wurden, werden die labyrinthartigen U-Bahn-Tunnel der Stadt zum Hauptschauplatz des Geschehens. Die guten Möglichkeiten, in diesem Setting eine klaustrophobische Atmosphäre zu erzeugen, werden in einigen Momenten des Direct-to-DVD-Werks effektiv genutzt. Überdies arbeitet Terrero mit Action-Elementen – wobei sich in der Inszenierung der Verfolgungsjagden (wie schon in der Gestaltung der Party- und Clubsequenzen) Terreros Erfahrungen als Musikvideoregisseur zeigen. Wenn die Hysterie (und zuvor die Euphorie) der Jugendlichen mit Lichtblitzen sowie mit einer Beschleunigung der Bewegungen vermittelt wird, schlägt das bisweilen in unfreiwillige Komik um – hat aber (nicht zuletzt auch dank des wummernden Scores) einen gewissen Trash-Appeal.

Das Skript von Andrew Klavan und Matthias Visser wagt ein paar kühne Entscheidungen. Dass die Funktion einer Figur lediglich darin besteht, gleich zu Beginn im Nachtclub zurückzubleiben ("Wir haben Hannah vergessen!"), ist eine beherzte, schallende Ohrfeige ins Gesicht eines jeden Drehbuchseminarleiters. Und auch die Idee, zunächst keinerlei Identifikationsangebote zu unterbreiten und sämtliche Figuren denkbar unsympathisch zu zeichnen, ist – nun ja – durchaus mutig. Während Dylans Bruder Logan als mustergültiger Harvard-Student spießig anmutet, wird der junge Freundeskreis um Dylan als verkorkste, oberflächliche Truppe eingeführt, die dem Nachsinnen eher abgeneigt zu sein scheint. Wenn dann später versucht wird, mehr in die Tiefe zu arbeiten, indem (zwischen diversen lebensbedrohlichen Situationen) plötzlich Herzschmerz-Angelegenheiten und familiäre Konflikte diskutiert werden, funktioniert das allerdings nur bedingt. Schade ist, dass dem Crime-Movie in puncto Geschlechterrollen der Mut gänzlich fehlt – und dass der Bösewichts-Darsteller Clayne Crawford nicht über die nötige diabolische Ausstrahlungskraft verfügt. Alles in allem ist N.Y.C. Underground ein akzeptabler urbaner Reißer, der spannende Passagen und dramaturgischen Nonsens recht unterhaltsam verbindet.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/n-y-c-underground-dvd