Black Aria (DVD)

Play it again, Dario

Eine Filmkritik von Martin Beck

Eine der seltsameren Genrewucherungen der letzten Jahre ist der Neo-Giallo – eine sowohl stilistische als auch inhaltliche Weiterführung vergangener italienischer Großtaten, komplett mit schwarzen Handschuhen, roten Heringen und drastischen Morden. Was Dario Argento, Sergio Martino oder Lucio Fulci vorgemacht haben, geht jetzt nahtlos weiter. Als nachgebaute Kopie, zumeist auf besserem Amateurniveau.
Mit Namen wie zum Beispiel Black Aria, einer französischen Produktion aus dem Jahr 2010, die erst jetzt bei uns eine reguläre Veröffentlichung erhält. Die Geschichte handelt von Angela (Clara Vallet), einer jungen Frau, die von erotischen Begegnungen mit ihrer hübschen Nachbarin träumt – bis diese dann brutal ermordet wird und Angela in der Scherbe einer Kristallkugel ihren eigenen Tod voraussieht. Es folgen weitere Morde, Traumsequenzen, nackte Frauen und wummernde Synthesizermusik.

Was vom Cover her noch wie eine Amer-Kopie aussieht (huuu, meta!), entpuppt sich bei genauer Betrachtung als Zitateteppich, der immerhin eine richtige Geschichte erzählt. Und dabei ganze Szenen aus anderen Filmen, wie zum Beispiel die Augentranchierung aus New York Ripper oder die Fahrstuhlsequenz aus Dressed to Kill, übernimmt. Wie bei Gialli üblich, wird auch hier Morden als operngleiche Kunstform aufgefasst. Ein satter Kehlenaufriss zum Beispiel geht nur mit schicker Ausleuchtung, dramatischen Schnitten und aufpeitschenden Synthiebässen.

Und natürlich viel Blut, trotz FSK-Logo, was Black Aria zumindest für Splatterfans interessant machen dürfte. Die Qualität der Effekte ist ziemlich gut und auch die Inszenierung an sich kann sich sehen lassen – wenn da nicht der Haken wäre, dass alles, wirklich alles, völlig aufgesetzt, nachgeäfft und dramatisch unoriginell wirkt. Indem die beiden Regisseure, François Gaillard und Christophe Robin, den ganzen Film als exakte Blaupause ansetzen, bleibt letztendlich kaum mehr als eine anhimmelnde Fanproduktion.

Man kann ja zu Amer durchaus unterschiedliche Meinungen haben, aber zumindest gibt es hier auch eigene Ideen. Black Aria dagegen hat überhaupt keine eigenen Ideen, sondern fühlt sich so an wie eine dieser eifrigen europäischen Produktionen jüngeren Datums (hmm...?), die unbedingt damit angeben wollen, genauso auszusehen wie ein Hollywood-Film. Und dann glauben, dass es damit schon erledigt sei, das mit dem großen Hit und der Reputation als Filmemacher.

Auf Amateurniveau schlägt sich Black Aria dabei ziemlich gut, das sieht schon alles ganz schick aus, wie hier halluziniert und getötet wird. Sobald Handlung und Dialoge ins Spiel kommen, geht es (natürlich) eine Qualitätsstufe nach unten, doch keine Sorge, die nächste nachgebaute Hommage lässt nie allzu lange auf sich warten. Auch das ist leider ein Merkmal vieler Neo-Gialli: Da kommt einfach nichts nach den Rasiermesser-Angriffen, alles ist entweder Kopie oder ziemlich billig wirkender Leerlauf.

Viele "richtige" Gialli waren ebenfalls keine inhaltlichen Meilensteine, aber das kann ja kein Grund sein, dieses Manko als prägendes Element einer Hommage anzusetzen. Black Aria bleibt ein schick anzusehender Fanfilm, der keine Sekunde weiterdenkt, sondern lediglich nachmacht – und damit sein Publikum auf anspruchslose Genrefans zusammenstutzt. Dramatische Splitscreens und blitzende Rasiermesser in anhimmelnden Großaufnahmen sollte man sich wirklich lieber "im Original" ansehen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/black-aria-dvd