Slither - Voll auf den Schleim gegangen (Blu-ray)

Day of the Tentacle

Eine Filmkritik von Falk Straub

Mit Guardians of the Galaxy ist James Gunn nach nur zwei Spielfilmen und einer Handvoll Drehbücher auch auf dem Regiestuhl im Mainstream angekommen. Sein Debüt Slither liegt nun auf Blu-ray vor.
Die Bewohner des beschaulichen Örtchens Wheelsy hätten ahnen können, dass irgendwann etwas gehörig schiefgehen würde. Schließlich bedeutet "wheelsy“ umgangssprachlich, dass eine Situation außer Kontrolle gerät – wie ein Lastwagen, der in voller Fahrt alle Reifen verliert. In James Gunns Spielfilmdebüt Slither hat dieser Lastwagen die Form eines Meteoriten. Als der Himmelskörper in einem nahegelegenen Wald einschlägt, landet mit ihm auch eine außerirdische Lebensform auf der Erde, die binnen kürzester Zeit die friedliebenden Bewohner in säurespuckende Zombies verwandelt.

Gunns Gag mit dem Ortsnamen ist nur eine der unzähligen Anspielungen, Zitate und Verbeugungen vor der (Horror-)Filmgeschichte, die Slither bereithält. Die Wahl seines Bösewichts eine weitere. Als Wirt des extraterrestrischen Parasiten und somit Dreh- und Angelpunkt der Geschichte dient der unglücklich verheiratete Grant Grant, verkörpert von Michael Rooker. Seit dessen erster Hauptrolle als Mörder in Henry: Portrait of a Serial Killer (1986) ist der Schauspieler eine Ikone unter den bad guys. Rookers mutige und düstere Vorstellung habe ihm seinerzeit noch Tage nach seinem Kinobesuch Bauchschmerzen beschert, hat James Gunn einmal geäußert.

Stellte man James Gunn vor die Wahl, die proper gekehrte Hauptstraße oder die schmutzige Seitengasse zu nehmen, er entschiede sich wohl für letztere. Bereits zu Beginn seiner Laufbahn verschlug es den Mann aus Missouri auf ungewöhnliche Pfade. Während seines Studiums in New York heuerte er bei Troma Entertainment an. Für die B-Movie-Schmiede, die unter Aufsicht von Lloyd Kaufman und Michael Herz Trash-Klassiker wie Mother's Day (1980) oder The Toxic Avenger (1984) herausbrachte, schrieb Gunn gemeinsam mit Kaufman das Drehbuch zu Tromeo und Julia (1996).

Tromas abseitiger Humor und James Gunn, das passte. Auch nach seinem Abgang bei Kaufman und Herz und dem Wechsel nach Los Angeles ist davon viel geblieben. Bereits Slither riecht an allen Ecken und Enden nach Troma. Super, Gunns bitterböse Vigilanten-Satire, ist ein Flakon voll schräger Einfälle und selbst im für den Massenmarkt glattgebügelten Guardians of the Galaxy hat der Regisseur und Autor seine ganz eigene ironische Duftmarke gesetzt. Auch abseits des Filmgeschäfts bleibt Gunn abseitig. Seit 2008 zeichnet er für die Webserie PG Porn verantwortlich, in der es fast alles zu sehen gibt, was Zuschauer von einem Porno erwarten. Den störenden Sex lässt Gunn allerdings weg.

Auch in Slither gibt es keinen Sex, penetriert wird trotzdem kräftig. Als der Parasit Grant Grant (Michael Rooker) befällt, wachsen ihm zwei Tentakel, mit denen er die unbedarfte Brenda (Brenda James) befruchtet. Die schleimigen Würmer, die Brenda schließlich gebiert, dringen über den Mund in die Dorfbewohner ein. Das klingt nicht nur eindeutig-zweideutig, Gunn meint es auch so. Das Bonusmaterial der Blu-ray gibt preis, dass die Würmer aus Thermalgel gemacht sind, einem Material, das ursprünglich für die Herstellung von Erwachsenenspielzeug entwickelt wurde. Auch ist es kein Zufall, dass sich das Alien ausgerechnet Grant aussucht, einen Mann, der zuvor von seiner Frau Starla (Elizabeth Banks) im Ehebett zurückgewiesen wurde.

Gemeinsam mit dem unbeholfenen Sheriff Bill Pardy (Nathan Fillion), dem vulgären Bürgermeister Jack MacReady (Gregg Henry) und der taffen Teenagerin Kylie Strutemyer (Tania Saulnier) zieht Starla gegen ihr Ehemonster ins Feld. Was dabei auffällt: Während die Herren der Schöpfung sich als großmäulige, aber völlig überforderte Angsthasen entpuppen, nehmen die Damen das Heft des Handelns in die Hand.
Trotz aller Frauenpower, jeder Menge glitschiger Spezialeffekte und einer gehörigen Portion abseitigen Humors bleibt Slither jedoch zu unausgegoren. Das liegt einerseits daran, dass die Gags zu selten sitzen. Vor allem Nathan Fillion (Castle, Firefly) macht aus seiner Figur zu wenig – und das, obwohl der Charakter des leicht trottelhaften, aber sympathischen Helden eigentlich seine Paraderolle ist. Andererseits kann sich das Drehbuch nicht entscheiden, wer die Hauptrolle spielt. Ist es zunächst der Dorfsheriff, könnten es am Ende genau so gut Grant oder Starla sein.

So bleibt Slither letzten Endes eine vor Ekel triefende Hommage an die Klassiker des Genres, die das Potenzial bereits andeutet, das James Gunn später zur vollen Entfaltung bringen wird.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/slither-voll-auf-den-schleim-gegangen-blu-ray