Once Upon a Time in Vietnam

Ein japsendes Zwitterwesen, ohne Gefühl für Raum und Zeit

Eine Filmkritik von Martin Beck

Tsui Hark scheint gerade nass zu sein, weswegen nun Dustin Nguyen zeigen darf, dass auch Vietnam absurde Kinetik zum Frühstück genießt. Schwertkämpfer auf Motorrädern, Baumspaltungen durch verschärftes Anstarren, tieffliegende Zeitlupen-Fußtritte und ein heroischer Mega-Held (gespielt von Regisseur Dustin Nguyen), dessen favorisiertes Getränk Johnnie Walker ist. Bei Once upon a time in Vietnam ist vieles möglich, zumindest was den Rahmen des Films angeht.
Die zentrale Geschichte nämlich ist alles andere als neu und zeigt mal wieder einen einsamen Schwertkämpfer, der ein kleines Dorf vor einer übermächtigen Gangsterbande beschützt und dank seiner selbstverständlich mysteriösen Vergangenheit das Herz der örtlichen Bäckersfrau auf Trab bringt. Once upon a time in Vietnam bedient sich zum Beispiel bei Yojimbo, Western, klassischem Wire-Fu Marke Hongkong oder Mad Max-mäßiger Endzeit-Action. Alles geht hier, solange nur erfolgreiche Vorbilder in den Topf kommen.

Das ausschmückende Durcheinander des Films steht im Kontrast zur inhaltlichen Biederkeit, die sich immerhin auch Zeit für ausladende Charakterisierungen nimmt, und erzeugt ein comichaftes Niemandsland. Ohne Gefühl für Zeit und Ort fuhrwerkt man durch realitäts- und logikfreie Setpieces, die schon einen gewissen Unterhaltungswert besitzen, aber halt auch keine richtige Dramatik aufbauen können. Dustin Nguyen wäre besser beraten gewesen, entweder mehr Bodenhaftung zu erlauben oder den durchaus tief ansetzenden Inhalt für mehr Action dranzugeben.

In seiner fertigen Form ist Once upon a time in Vietnam ein japsendes Zwitterwesen, das die erste richtige Action erst nach einer Stunde zündet und ansonsten in einer knalligen Inszenierung schwelgt, die der gewollten Gewichtigkeit der Geschichte in keiner Weise gerecht wird. Das Zielpublikum sind hier wohl männliche Jugendliche, die auch bei Computerspielen verstärkten Wert auf den Inhalt legen und insgeheim heilfroh sind, wenn die örtliche Bäckersfrau (Veronica Ngo) endlich ihre knallenge Lederkluft anlegt und akrobatische Tötungsaktionen vollzieht.

So richtig ernst nimmt Dustin Nguyen sein Werk glücklicherweise nicht, doch für eine wirklich gelungene Parodie und/oder schwerelose Actionfantasie fehlt dem Mann einfach die Cleverness. Vieles bleibt hier ausgeborgtes Stückwerk, das so dringend nach formalen Paukenschlägen sucht, wie es filmische Schwellenländer wie Vietnam nur allzu oft demonstrieren. Seht nur her, wir können auch mithalten, und dieser formale Mischmasch da ist vor allem ein Beweis kultureller Offenheit! Will heißen: Once upon a time in Vietnam ist eine okaye Heimkino-Premiere und läuft in absehbarer Zeit auf Tele 5. Für die Unsitte, die Action ständig zu verschneiden und mit SloMo-Momenten zu akzentuieren, gibt es nochmal eine Tracht Hiebe extra.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/once-upon-a-time-in-vietnam