Inside Llewyn Davis & Another Day, Another Time – Special Edition (Blu-ray)

We’ll meet another day, another time

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Seit seiner Premiere beim Filmfestival von Cannes 2013, wo er mit dem Großen Preis der Jury prämiert wurde, sorgte der letzte Film der Coen Brüder Ethan und Joel über einen abgetakelten Folk-Sänger in den USA der frühen 1960er Jahre für Furore, erhielt zahlreiche Nominierungen sowie Auszeichnungen und hat bei so manchem Zuschauer eine (Wieder-)Entdeckung des Folk inspiriert. Denn Inside Llewyn Davis mit dem Musiker und Schauspieler Oscar Isaac als ungefälliger Anti-Held lebt nicht zuletzt von den klangvoll melancholischen Stimmungen dieser Musikrichtung mit ihrer sozialkritischen, politischen Tradition, die sich signifikant in der spröden Geschichte des erfolglos und desorientiert herumvagabundierenden Underdogs niederschlägt.
Auf Initiative und Einladung des Musikers und Produzenten T Bone Burnett, der auch mit Oscar Isaac die Songs für den Film arrangiert hat, kam im September 2013 in der New York City Town Hall ein illustres Aufgebot von Folks zusammen, die gemeinsam mit Oscar Isaac und den Coens eine nostalgische Session der durchaus humorvollen Huldigung an den Film und seine musikalischen Ausprägungen veranstalteten, die sich in dem Dokumentarfilm Another Day, Another Time: Celebrating the Music of Inside Llewyn Davis über dieses Konzert und seine Proben äußerst ansprechend manifestiert hat. Nun präsentiert Arthaus mit dem Spielfilm und der Dokumentation eine Special Edition, die einiges des ganz speziellen Esprits von Folk Music und ihren einstigen wie aktuellen Interpreten transportiert.

Dem Ruf T Bone Burnetts, der als aufmerksamer, sorgfältiger Gastgeber die Proben und das Konzert in der Town Hall begleitet, hier und da dezent und wertschätzend interveniert, sind diese Musiker gefolgt, die während dieser ganz besonderen Zusammenkunft kein Ereignis feiern, sondern eine Tradition, eine Geisteshaltung sowie die Freude am gemeinsamen Singen von nur allzu populären Songs, die von Geschichte und Geschichten der US-amerikanischen Gesellschaft zeugen. Die Atmosphäre atmet Folk, eine kräftige Portion Patriotismus der sanft-sentimentalen Sorte und die emphatische Professionalität der Protagonisten, die hier feiern und vor einem ergriffenen, begeisterten Publikum ihrer Passion frönen, internationale Stars ebenso wie außerhalb der Szene weniger bekannte Gesichter.

Da sieht man Joan Baez als Grande Dame der Folk Music bei den Proben ihrer Mitstreiter grooven, und später wird sie Joe Hill intonieren, wie schon einst in Woodstock, mit ungebrochener Eindringlichkeit. Patti Smith gibt sich die Ehre als stimmungsvolle Querulantin, und Rhiannon Giddens brilliert stimmgewaltig als prätentiöse Diva. Es sind die Punch Brothers mit Chris Thile, die durch die atmosphärisch geballte Session führen und unter anderem gemeinsam mit Marcus Mumford ganz wundervoll populäres Liedgut wie Farewell und The Auld Triangle vortragen, Letzteres mit dem heiteren Hinweis, dass keiner von ihnen irisch sei, was einmal mehr die emotionsgeladene Mischung aus Humor und Melancholie zum Ausdruck bringt, die diese grandiose Zusammenkunft auszeichnet.

Als Hauptdarsteller von Inside Llewyn Davis begibt sich auch Oscar Isaac inmitten der illustren Folk-Interpreten auf die Bühne, und seine Live-Version von "Hang Me, Oh Hang me" ist ein weiteres Glanzlicht dieser Veranstaltung, die für Musiker wie Publikum gleichermaßen zu einer unvergesslichen Feier gerät, während der die auf höchstem Niveau professionell arrangierten Songs ihre ungeheuer vielfältige Intensität entfalten. Jack White, The Avett Brothers, Colin Meloy, Lake Street Dive, Dave Rawlings Machine, Willie Watson, Gillian Welch und nicht zuletzt die witzigen Milk Carton Kids mit ihrem betörenden Gesang trumpfen hier zu Ehren des Folk ganz gewaltig auf, und den Ausklang dieser bewegenden Konzert-Dokumentation gestaltet Chris Thile mit dem hinreißenden Traditional Moonshiner so würdig wie berührend.

Mit einem ausführlichen Booklet mit zahlreichen prägnanten Fotos aus dem Spielfilm und der Dokumentation ausgestattet stellt die Arthaus Edition Inside Llewyn Davis & Another Day, Another Time ein kostbares Kleinod für alle aktuellen und zukünftigen Liebhaber des Folk dar, dessen traditioneller Geist im Rahmen des Films und des Konzertes seine Wurzeln zeigt sowie seine durchaus moderne Aktualität unter Beweis stellt. Das hintergründige Motto "We’ll meet another day, another time" aus Bob Dylans Song "Farewell", der in seiner Version der frühen 1960er Jahre auf dem Soundtrack zu Inside Llewyn Davis zu hören ist, zieht sich programmatisch auch durch diese charmante Edition, die absolut geeignet ist, eine neue Ära der Folk Music einzuläuten.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/inside-llewyn-davis-another-day-another-time-special-edition-blu-ray