Inspektor Jury - Der Tote im Pub

Wiedersehen erwünscht

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Nun wurde diesem Inspektor Jury ausgerechnet ein beigefarbener Mantel verpasst, der – obwohl deutlich besser geschnitten – nun mal unweigerlich an den legendären Columbo erinnert, der einst als Ermittler in Los Angeles weltweit die Fernsehzuschauer begeisterte. Doch der neue Stern am Himmel der kauzigen TV-Detektive – eine Figur der US-amerikanischen Krimiautorin Martha Grimes – erspielt sich bei seinem ersten Fall in der englischen Kleinstadt Long Piddleton mit seinem lässigen Charme rasch eine ganz eigene Position im Universum von Mord und Aufklärung.

Da wird ein fremder Mann im Keller des Pubs von Simon Matchett (Bernhard Schir) in Long Piddleton erdrosselt in einem Fass drapiert aufgefunden, und kein Geringerer als Inspektor Jury (Fritz Karl) von Scotland Yard reist gemeinsam mit seinem kränkelnden Assistenten Alfred Wiggins (Arndt Schwering-Sohnrey) aus London an, um die Spur des Mörders aufzunehmen und den verdächtigen Dorfbewohnern kräftig auf den Zahn zu fühlen. Dabei machen die Ermittler zunächst die hartnäckige Bekanntschaft des emanzipierten Lords Melrose Plant (Götz Schubert), der seine Adelstitel abgelegt hat, auf seinem hübschen Anwesen reich residiert und jenseits seiner Tätigkeit als Literaturdozent nur allzu gern die Rolle eines findigen Hobby-Detektivs übernimmt. Mit diesem anfangs lästigen, dann zunehmend hilfreichen Begleiter im Schlepptau lernen Jury und Wiggins dessen prätentiöse Tante Lady Agatha (Katharina Thalbach), den Antiquitätenhändler Marshall Trueblood (Anatole Taubman), die ungleichen Schwestern Vivian (Julia Brendler) und Isabel Rivington (Julia Stemberger) sowie weitere mögliche Mörder kennen, die am besagten Abend in Matchetts Pub weilten. Dabei zeigt sich Inspektor Jury ebenso wie Melrose Plant von der sanften Vivian bezaubert, die allerdings mit Matchett verlobt ist, der nach erneuten Morden immer stärker in den Fokus der Ermittlungen gerät ...

Inspektor Jury – Der Tote im Pub basiert auf dem ersten Teil der Romanreihe um den englischen Detektiv Inspektor Jury schläft außer Haus / The Man With a Load of Mischief und stellt auch die erste Martha Grimes-Verfilmung überhaupt dar, die in Zusammenarbeit von ZDF und Crazy-Film GmbH sowie ORF und epo-film produktionsges.m.b.h entstand. Am 27. Januar 2014 wurde der Krimi im ZDF ausgestrahlt und erscheint bereits einen Tag später auf DVD bei Studiocanal mit der Featurette "Hinter den Kulissen" und Outtakes des Fernsehfilms unter der Regie von Edzard Onneken, der in Corfe Castle in der englischen Grafschaft Dorset gedreht wurde, und in ebendieser Gegend hat in den 1970er Jahren Martha Grimes gelebt und dort damals ihren ersten Roman verfasst.

Es ist der österreichische Akteur Fritz Karl, der dem unkonventionellen, attraktiven und individualistischen Inspektor Jury Gestalt verleiht, einem breiten Publikum nachhaltig als alleinerziehender Vater aus der bayerischen Erfolgskomödie Wer früher stirbt, ist länger tot bekannt, der bereits reichlich Krimi-Erfahrungen mitbringt und 2011 den Romy-Preis als Beliebtester Schauspieler erhielt. Als Jury zu einem sympathischen Kauz stilisiert, der gern auch mal barfuß auf einer Wiese durch den britischen Regen watet, einer Trickdiebin einen kleinen Raubzug durchgehen lässt und herrlich humorvoll mit Kindern kommuniziert, verleiht Fritz Karl dieser Figur auf angenehme Art ein eingängiges Eigenleben, das neben dem typischen Mantel noch weitere Reminiszenzen an den berühmten Columbo aufweist, so etwa eine Schrottkarre von Automobil und die Abwesenheit seines Vornamens im Film, der in den Romanen allerdings als "Richard" geführt wird.

Auch ungewöhnliche, markante Protagonisten wie Katharina Thalbach als penetrante Tante und Götz Schubert als klug-kultureller Kopf in dem klassischen Krimi-Szenario lassen Inspektor Jury – Der Tote im Pub mit seiner heimeligen Atmosphäre im englischen Landschaftsidyll, flankiert von der pfiffig-dynamischen Musik Marcel Barsottis, zu einem höchst unterhaltsamen und anregenden Filmvergnügen mit Fortsetzungspotenzial geraten. Ausreichend literarische Vorlagen sind schon dafür vorhanden, denn die Reihe um Inspektor Jury von Martha Grimes ist bereits auf über zwanzig Folgen angewachsen, deren Originaltitel sämtlich nach tatsächlichen Kneipen dieser Art ausgewählt wurden. Nach diesem gelungenen Filmdebüt ist ein Wiedersehen mit Inspektor Jury, Assistent Wiggins, Melrose Plant, Lady Agatha und den reizenden Kindern James&James jedenfalls ausdrücklich erwünscht.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/inspektor-jury-der-tote-im-pub