Making of Süße Stuten 8

Das Leben ist ein Pornofilm

Eine Filmkritik von Christian Horn

Auch wenn das Cover so aussehen mag: Making of Süße Stuten 8 ist kein Pornofilm. Es gibt zwar Brüste zu sehen, auch mal einen Hintern und Reizwäsche. Außerdem absolvieren echte Pornostars wie Jana B. Gastauftritte und den eingängigen Titelsong singt der aus Produktionen wie Zicken... jetzt seid ihr fällig! bekannte Conny Dachs. So könnte man Süße Stuten 8 durchaus als "pornös" bezeichnen, doch was Daniel Hyan hier in der mittlerweile zweiten Staffel vorlegt, ist trotzdem kein Porno, sondern eine satirische, knackig erzählte Comedy-Mockumentary mit pointierten Wortgefechten – und eine mit zwischenmenschlichen Dramen randvoll abgefüllte Pornodreh-Soap.
"Gina Wild und Dolly Buster haben jeweils nur zwölf Filme gemacht, James Deen nur vier," weiß Judy Jewel (Vivien LaFleur), die alle nur "JJ" nennen. Das Pornosternchen der Produktionsfirma Lavalight ist der Star des neuen Sexfilms Süße Stuten 8, den Regisseur Heinz Moon (Jörg Buttgereit) eigentlich in 3D drehen wollte. Aber eigentlich will Moon auch lieber seinen Zombiestreifen East Side Zombies drehen und trägt am Set mahnende T-Shirts mit Motiven aus Tanz der Teufel oder Dawn of the Dead. Doch für einen Horrorfilm fehlt dem Produzenten Major Andy (Alexander Gregor), der einen Cowboyhut trägt und sich "Indianerhäuptling" nennt, schlichtweg das Budget – offen gestanden steht selbst die Produktion von Süße Stuten 8 auf der Kippe und der Major muss mit ominösen Russen Geschäfte machen.

Auf dem Set bricht unterdessen das Chaos aus: Der überspannte Pornostar Evil Dick Masterson (Ron Matz) hat Erektionsprobleme und ist vielleicht sogar schwul, JJ pumpt sich mit Drogen voll und der vormalige Praktikant Jonas (Jakob Bieber) steigt vom Assistenten zum Regisseur auf. Der aalglatte Manager Sven (Steffen Jürgens) macht sich derweil mit Langusten im Speckmantel bei der Crew beliebt und erklärt den Porno-Lifestyle: "Ficken und so, Drehs, Shows, alles." Dazwischen tummeln sich markante Nebenfiguren wie der dauergeile Debütant Kevin Beton (Till Kohn) und eine taffe Kamerafrau (Ines Selbmann), die eigentlich Dokus macht und resigniert feststellt: "Porno ist ja auch irgendwie Doku..." Im Kern zeichnet das Alles dann eine auf den Heimvideomarkt fixierte Pornobranche im Niedergang. Die fiktive Produktionsfirma Lavalight hadert nämlich mit ähnlichen Problemen wie Magma und andere augenscheinliche Vorbilder: Internet- und Amateurpornos machen professionell hergestellte Filme mit einer "Story" und "Stars" im Grunde obsolet – zu Recht bezeichnet Major Andy den 8. Teil der Süßen Stuten als das "Vermächtnis" von Lavalight Entertainment.

Mit seiner charmanten Internet-Trashserie Moabit Vice verdiente sich Daniel Hyan erste Sporen, bevor er seine 12-teilige Pornodreh-Parodie Making of Süße Stuten 7 realisierte – beide Serien gibt es online bei Youtube. Rund zwei Jahre nach der Produktion erscheint nun die zweite Staffel namens Making of Süße Stuten 8 auf DVD. Im Vergleich zur Vorgängerserie ist die Fortsetzung recht düster ausgefallen: Die Satire ist zwar ebenso wie Süße Stuten 7 urkomisch, bisweilen bleibt einem als Zuschauer aber das Lachen im Halse stecken, etwa wenn sich die asiatische Pornoqueen Wan Tan Ga (Silvana Schmidt) bei einer Show die Mumu aufreißt und von ihrem Agenten den Tipp bekommt, die nächsten drei Wochen eben nur noch anal zu drehen und sich mit Antibiotika über Wasser zu halten. Auch der Handlungsstrang um die Drogensucht von JJ liefert unschöne Einblicke. Ein Drama ist Making of Süße Stuten 8 aber keineswegs und einen moralischen Zeigefinger gibt es auch nicht, es handelt sich einfach um eine sarkastische Komödie.

Wie bereits für Making of Süße Stuten 7 hat Daniel Hyan seine Geschichten bei echten Pornodrehs gesammelt, hier und da etwas dramatisiert und dann als Blaupause für seine Comedyserie zur Hand genommen. Dass die fertige Serie so gut reingeht, liegt auch an den wunderbar besetzten (Laien-)Darstellern und der Machart, die mit pseudo-dokumentarischen Bildern und vielen Plansequenzen an The Office oder Stromberg erinnert – nur dass hier eben kein Büroalltag zur Lachnummer avanciert, sondern ein Pornodreh; dementsprechend geht es auch nicht um defekte Kopierer oder fehlerhafte Abrechnungen, sondern um mangelndes Standvermögen oder einen Gangbang, der außer Kontrolle gerät. Mit dem Produzenten Major Andy gibt es dann aber tatsächlich so eine Art Bernd Stromberg, dem in cholerischen Anfällen regelmäßig die Hutschnur platzt und der mit seiner Crew alles andere als sensibel umspringt.

Der Humor der Serie entsteht unter anderem aus den offenkundigen Widersprüchen, die sich ergeben, wenn sich die regelmäßig eingestreuten Promotion-Interviews der Crew mit den Turbulenzen am Set reiben, zum Beispiel wenn JJ beteuert, dass sie ihre Fantasien bei einem Gangbang "endlich mal so richtig ausleben" kann, nur um dann angewidert davonzustürmen, wenn die erste Klappe fallen soll. Ein wahrer Besetzungs-Coup ist Hyan mit Jörg Buttgereit gelungen, der im wahren Leben unter anderem der Regisseur des Horrorklassikers Nekromantik ist und in Making of Süße Stuten 8 den Pornoregisseur Heinz Moon spielt, der nach eigener Aussage "Pornos fürs Feuilleton" macht. Die Idee, ausgerechnet einen Horrorfilmregisseur als Pornomacher zu besetzen, ist herrlich charmant, denn schließlich sind Horror- und Pornofilme, in denen es jeweils um Körperöffnungen geht, die beiden Genres mit dem wohl schlechtesten Ruf.

Die kürzlich erschienene DVD kommt nicht nur im Pappschuber daher, sondern wartet mit vielen Extras auf – darunter ein Audiokommentar mit Daniel Hyan und Jörg Buttgereit, natürlich das Making of Making of Süße Stuten 8 und ein viraler Marketing-Ausflug von Major Andy auf die Erotikmesse Venus. Und nachdem man alles gesichtet hat, möchte man sich dem Buttgereit-Zitat vom Cover anschließen: "Besser als Making of Süße Stuten 7!"

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/making-of-suesse-stuten-8