Paris Countdown

Eine Nacht, keine Sieger

Eine Filmkritik von Martin Beck

Jedem, der sich das Cover von Paris Countdown ansieht, möge verziehen sein, sofort eine Verbindung zu EuropaCorp anzunehmen. Knarre, Eifelturm und ein monochromer Schimmer – die Welt von Luc Besson ist bei den Marketing-Abteilungen angekommen, selbst wenn der Film dazu rein gar nichts mit zum Beispiel From Paris with Love zu tun hat. Sondern eher mit einem dunklen Thriller, einem Film Noir. Und zwei zerfurchten Hauptdarstellern, die von den Schatten der Vergangenheit eingeholt werden.
Ihre Namen: Milan (Olivier Marchal) und Victor (Jacques Gamblin). Ihre Profession: Nachtclub-Besitzer in Paris. Ihre Verbindung: Eine langjährige Freundschaft, die allerdings nicht mehr aktuell ist. Ihr Problem: Ein vor Jahren für sie in den Knast gewanderter Gangster, der nun wieder frei ist und Rache möchte. Ihr weiteres Problem: Ein durch und durch unorigineller Film, der zum zillionsten Mal die "Schatten der Vergangenheit" bemüht und dazu eine unterkühlte Charakterstudie serviert, der Regieneuling Edgar Marie offensichtlich nicht ganz über den Weg traut.

Paris Countdown ist nämlich keineswegs ein bluesiger Film mit Jazz-Trompete und grauen Tapeten, sondern möchte anscheinend die inhaltliche Schwere mit inszenatorischen Gimmicks aus dem Tony-Scott-Giftschrank aufbürsten. Farbfilter, elektronische Bässe, frickelige Schnitte, unmögliche Kamerawinkel – alles anwesend, und dabei natürlich so aufdringlich, dass jede Emotion irgendwie formal kommentiert werden muss. Ein typischer Film eines Regieneulings, quasi ein ausholendes Demo-Band filmischen Handwerks, selbstverständlich ohne die Sicherheit beziehungsweise Arroganz, knarziges Schweigen auch mal aussitzen zu können.

Was schade ist, denn zumindest die beiden Hauptdarsteller, grumy old men, die eigentlich eher in der zweiten Reihe stehen müssten, beweisen einen gewissen Mut bei der Gestaltung der angestaubten Geschichte. Sie reden gar nicht so viel, weil es einfach nicht so viel zu reden gibt, und bewegen sich mit der fatalistischen Ökonomie zweier ermüdeter Profis, die halt einen Job erledigen müssen. Das Spektakel des Films spielt sich kaum auf der inhaltlichen Ebene ab, die ganz auf Coolness, Resignation und eindimensionale Rache abzielt, sondern verlagert sich eben auf formale Oberflächen, zu denen sogar ein zeitlupiger Shootout in einem Puff zählt.

In gewisser Weise macht dieses Vorgehen durchaus Sinn, doch der richtige Ansatz wäre trotzdem, sich eine bessere Geschichte auszudenken, die auch ohne Farbfilter die Ziellinie lebend überqueren kann. Film Noir atmet natürlich Klischees und dieses Tony-Scott-Flimmern ist ja auch seit Jahren ein Klischee. Paris Countdown erzählt von einer fatalen Nacht, wie wir sie - hoffentlich nur im Film - schon oft erlebt haben. Die Schatten der (filmischen) Vergangenheit, und dabei leider so unglücklich inszenierter Durchschnitt, dass außer den zwei zerfurchten Hauptdarstellern, die beide sehr gut spielen, kaum Gründe für eine nachhaltige Empfehlung einfallen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/paris-countdown