Eine Stadt hält den Atem an

Der Schrecken des Atomzeitalters

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Es kommt nicht häufig vor, aber manchmal gibt es das doch: Dass ein Film, der mehr als 60 Jahre auf dem Buckel hat, im Lauf dieser Jahrzehnte nicht verstaubt ist, sondern aktueller denn je erscheint. Eine Stadt hält den Atem an ist ein solcher Film.
Der Wissenschaftler John Willingdon schreibt an den britischen Premier, dass er London mit einer tragbaren Atombombe in Schutt und Asche legen wird, falls die britische Regierung nicht binnen Wochenfrist ihr atomares Waffenlager vernichtet. Scotland-Yard-Ermittler Folland leitet die Ermittlung. Eine groß angelegte Jagd auf den Professor beginnt.

Wie aktuell die Geschichte ist, zeigt nicht zuletzt ein relativ moderner Film wie Projekt: Peacemaker, der im Großen und Ganzen nur ein aufgemotztes Remake dieses britischen Klassikers ist. Technisch war der Film seiner Zeit voraus – eine tragbare Atombombe war 1950 noch undenkbar -, davon abgesehen erweist sich die Inszenierung von Roy und John Boulting jedoch als packender Thriller, der sich vor den großen Meistern des Genres wahrlich nicht zu verstecken braucht. Da er im Lauf der Jahre immer aktueller wurde, hat er sogar so manche der zeitgenössischen Konkurrenten weit hinter gelassen. Eine Stadt hält den Atem an könnte heute mit demselben Drehbuch neu verfilmt werden – nennenswerte Änderungen wären nicht vonnöten.

Die Drehbuch-Vorlage wurde 1952 mit einem Oscar ausgezeichnet. Damals unterschied man noch zwischen Story-Vorlage und Drehbuch. Die Geschichte wurde von James Bernard (1925-2001) und Paul Dehn (1912-1976) ersonnen. Bernard ist vor allem als Komponist bekannt. Er vertonte zahlreiche Horrorfilme des britischen Studios Hammer. Dehn wiederum war Filmjournalist und wechselte die Seiten. Der Oscar verlieh ihm Aufwind, so dass er in den kommenden Jahren nicht nur Goldfinger und Der Spion, der aus der Kälte kam schrieb, sondern auch für mehrere Teile der Planet der Affen-Reihe verantwortlich zeichnete.

Filmjuwelen hat mit diesem Titel tatsächlich eine Perle ans Licht gebracht. Der in der Spannungskurve immer intensiver werdende Film findet vor allem im letzten Drittel beeindruckende Bilder, als London evakuiert wird, die Haustiere aber zurückbleiben müssen. Umso bemerkenswerter ist der Film, da er einer der ersten ernsthaft Warnenden vor den Folgen des Atomzeitalters ist – etwas, das 1950 in der Tat höchst ungewöhnlich war.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/eine-stadt-haelt-den-atem-an