Rurouni Kenshin

Ein klarer Fall für Manga-Fans

Eine Filmkritik von Martin Beck

Auch Japan hat seine Marvel-Schmiede: Realverfilmungen erfolgreicher Mangas, wie z.B. Rurouni Kenshin, der zwischen 1994 und 1999 publiziert wurde und bereits etliche Anime-Inkarnationen erleben durfte. Ein androgyner, viel zu junger Ronin zwischen Pazifismus und moralisch verbürgten Morden, dazu noch Bösewichter mit glühenden Augen, eine süße "damsel in distress" und heroische Comic-Posen – alles sichere Zutaten für einen dicken Box Office-Hit.
Rurouni Kenshin war in Japan tatsächlich ein großer Erfolg, weil – wieder ähnlich wie bei Marvel - zunächst die eisernen Manga-Fans applaudierten und dann die breite Masse nachzog. Das nach wie vor irritierende Argument dabei lautete mal wieder, dass der Film der Vorlage treu bleibt, was in Kombination mit einem satten Budget und allerlei kommerziellen Kniffen anscheinend überzeugend genug für eine Kinokarte ist.

Nicht zum ersten Mal lernt Japan hier von amerikanischen Blockbustern und serviert eine Form von Mainstream-Kino, die gerne eine landesspezifische Geschichte vorweist, doch ansonsten ganz auf Multiplex geeicht ist. Mit pompöser Überlänge, einem schicken Hauptdarsteller, zittrigem Pathos, echt fiesen Bösewichtern, einer Liebesgeschichte, heroischer Action und ein bisschen Humor. Nur halt nicht unter kalifornischer Sonne, sondern in japanischen Wäldern anno 1867.

In diesem Jahr beginnt nämlich die Meiji-Restauration, die aus dem Samurai Himura Kenshin (Takeru Sato) einen friedliebenden Ronin macht – zumindest bis er Jahre später auf einen sadistischen Geschäftsmann trifft, der tödliches Opium herstellt. Und damit natürlich den Eingangs erwähnten Konflikt beschwört, der mit gutem Gewissen als eines der zentralen Themen im japanischen Samuraifilm bezeichnet werden kann.

Nur halt diesmal in Verbindung mit einer stilisierten Manga-Ästhetik, die alleine schon daran zu erkennen ist, dass in der Mitte des Trailers mal wieder eine inbrünstige Powerballade ertönt – die absolut unvermeidbare Untermalung zu knalligen Zeitlupen-Bildern und perfekt sitzenden Idol-Frisuren. Die immerzu epische Größe einfordern, wie sie da so dramatisch im Wind wehen, doch letztendlich den eher schlichten Manga-Boden nie wirklich verlassen können.

Jeder, der schon mal einen Samuraifilm gesehen hat, kommt sich bei Rurouni Kenshin wie in einer jugendlichen "Best Of"-Kompilation vor. Flach bleibende Hauptakteure, die mehr mit Posen als wirklichem Schauspiel beschäftigt sind, ein tendenziell dick auftragendes Drehbuch ohne nennenswerte Überraschungen und eine Inszenierung, die natürlich auch der Größe geschuldet ist, aber trotzdem kaum eigene Noten verbreiten kann. Genau so geht japanischer Mainstream.

Was jetzt nicht heißt, dass Rurouni Kenshin schlecht ist – er setzt halt einfach nur kein Glanzlicht. Und kann dabei trotzdem unterhalten, nicht zuletzt wegen der zwar comichaften, aber dennoch druckvollen Actionszenen, die Kenji Tanigaki (Dragon) wesentlich besser inszeniert als es sich der eigentliche Regisseur, Keishi Ohtomo, jemals trauen würde. Weil der Film einfach zu groß ist und weil die Manga-Fans ein Korsett schnüren, das natürlich nur dann passt, wenn der Rest bereits nach Luft schnappt.

Rurouni Kenshin ist der richtige Film für Fans des Mangas – mit allen Konsequenzen, sowohl positiv als auch vor allem negativ, die so eine werkgetreue Adaption mit sich bringen muss.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/rurouni-kenshin