The Machine

Androidinnen träumen von elektrischen Tänzen

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Die volle Ladung Dystopie: The Machine, der Name macht schon wenig Hoffnung auf bunte Glücksmomente, spielt in einer Welt, in der es draußen immer dunkel ist und regnet – und innen, das ist ein unterirdischer Betonbunker mit vielen Schatten und scharf umrissenem Gegenlicht, mit schweigsamen Soldatenschatten, deren Augen im Dunkeln leicht bläulich glimmen. Dazu Klänge aus dem Synthesizer: Die 80er Jahre haben angerufen, sie wollen ihre Ästhetik zurück!
Aber Regisseur und Autor Caradog W. James weiß, was er tut; so sehr Dekor und Setting auch die Beschränkungen seines Budgets widerspiegeln, vor diesem Hintergrund gelingt ihm doch eine insgesamt sehenswerte Auseinandersetzung mit der Frage, was eigentlich Bewusstsein, Seele, Leben bedeuten mag, wenn man die Technologien künstlicher Intelligenz (AI, Artificial Intelligence) nur weit genug weiterentwickelt. Und da ist der Bezug zum großen Klassiker des Genres, Blade Runner, fast zwingend, auch wenn sich The Machine daran schlussendlich ein wenig verhebt.

Vincent (Toby Stephens) entwickelt in diesem hochgeheimen Labor Gehirnimplantate, um schwerst verwundete Soldaten wieder lebens-, und das heißt vor allem: einsatzfähig zu machen. Dabei geht allerdings leider oftmals einiges recht blutig schief, und auch die erfolgreich Behandelten müssen wie Gefangene im Labor bleiben. Vincent stellt die junge Programmiererin Ava (Caity Lotz) ein, die ein AI-Programm entwickelt hat, das aus Gesprächen und Interaktionen lernt. Nachdem Ava ermordet wurde, entwickelt der Wissenschaftler schließlich einen nahezu unverwundbaren Androiden, den er mit Avas Programm füttert – und der auch äußerlich ein Ebenbild der jungen Frau ist. Und sehr schnell entwickelt die Maschine ein Bewusstsein, vielleicht gar eine Seele?

Äußerlich "weibliche" Roboter sind natürlich spätestens seit Brigitte Helms Maschinenfrau aus Fritz Langs Metropolis eine seltene, aber machtvolle Präsenz im Science-Fiction-Film. Oft nutzen sie, wie in Metropolis und in Terminator 3 – Rebellion der Maschinen, ihr äußeres Erscheinungsbild, um bösartige Ziele zu erreichen – eine Verlängerung des Femme-fatale-Mythos ins Zeitalter menschenähnlicher Maschinen also (und zugleich immer ein nur bedingt subtiler Verweis auf die Manipulierbarkeit des heterosexuellen Mannes).

Für The Machine spielt dies keine große Rolle. Auch wenn Vincents Chef Thomson (Denis Lawson) auf die "Titten" des Roboters verweist und ihre vermeintliche "weibliche" Programmierung, und auch wenn der Zuschauer mit Lotz’ Körper gelockt wird (einen Großteil des Films trägt sie nur einen dünnen, hautengen Baumwollanzug, einmal tanzt sie nackt durch eine leere Halle, schemenhaft im Gegenlicht, mit leuchtenden Gliedmaßen und zu Synthesizerklängen...) – als sexualisiertes Spektakel funktioniert das nicht, dafür bleiben Atmosphäre und Bilder zu kühl.

Stattdessen konzentriert sich James auf die Pygmalion-Geschichte dahinter, in der sich die Kreatur am Ende von ihren zwei Schöpfern/Vätern Vincent und Thomson emanzipiert. Vincent möchte sie besser verstehen (erforschen also), aber auch beschützen und zu einem moralisch verantwortlichen Wesen entwickeln, während sein Chef in der nahezu unzerstörbaren Androidin vor allem einen Supersoldaten, seinen "kleinen, perfekten Engel des Todes" sieht.

Die Maschine aber hat durch Vincent längst ihre eigenen ethischen Vorstellungen entwickelt – sie will nicht töten, will aber auch, dass für sie selbst die gleichen Standards gelten sollen: "I am alive". Wenn ich Bewusstsein habe, was unterscheidet sie noch von den Menschen? "Apart from their flesh, what makes them any different from me?"

Mit seinen gelegentlich herausbrechenden Actionsequenzen gerät The Machine zu einem schönen Hybrid, teils nachdenklich, teils blutig; aber so ganz will die Erzählung, in die noch eine Intrige von Thomson und Vincents todkranke Tochter hineinspielt, dann leider doch nicht mitreißen – dafür fehlt es ein wenig an Überraschungen in dieser solide gemachten Meditation darüber, was uns eigentlich menschlich macht.

Sehenswert wird der Film schließlich vor allem durch die Leistungen von Pooneh Hajimohammadi als ebenfalls mit Implantat versehene Assistentin Thomsons, die in ihren kurzen Auftritten ohne große Worte viel über ihre Figur verrät, und vor allem von Caity Lotz. Sie stattet Ava und "die Maschine" mit einer jeweils ganz eigenen Physiognomie, Mimik und Persönlichkeit aus – und transportiert zugleich die Menschlichkeit beider.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/the-machine