La dolce vita (1960)

Wo liegt das Seelenheil?

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Wie bei so vielen seiner Werke konzentriert sich Federico Fellini nicht auf eine Geschichte, sondern gestaltet seinen Film in episodischer Struktur. Dabei lässt er sich Zeit – fast drei Stunden –, um diesem Sammelsurium an Ideen eine Bedeutung abzugewinnen, die auch heute noch lebendig ist.

Marcello (Marcello Mastroianni) hat die Schikeria Roms satt. Als Journalist der Klatschpresse muss er sich mit ihr jedoch arrangieren, immer auf der Suche nach jemandem, der aus diesem oberflächlichen Leben heraussticht. Jemand wie der Schriftsteller Steiner, der abseits aller Konventionen das Leben lebt, das auch Marcello gefallen würde.

Den Kern des Films bildet die Geschichte von Marcello und Steiner. Es ist eine existenzialistische Geschichte, in der es um die Bedeutung – oder vielmehr das Fehlen derselbigen – des Lebens geht. Marcello findet Bedeutung in Steiners Leben. Er bewundert den älteren Mann und hofft, eines Tages wie er sein zu können, aber der ältere Mann weiß um die Fehlbarkeit dieses Wunschdenkens. Denn so verheißend das Morgen auch erscheinen mag, auf dem Weg dorthin verliert man sich selbst. Die Erlösung wäre ein simpleres Leben, eines, das Marcello im wahrsten Sinne des Wortes zuwinkt, aber das kann er nicht erkennen. Er ist der moderne Mensch, gefangen in einer Welt, in der er längst keinen Bezug mehr zu seiner Umgebung hat. Alles ist Schein und Sein, nichts in irgendeiner Weise essenziell. Das wahre Glück findet man nicht dort draußen, nicht am fernen Horizont und nicht am Ende eines Regenbogens, es liegt in einem selbst. Wenn man denn in der Lage ist, es zu erkennen.

Fellinis Klassiker liegt erstmals in High Definition vor. Das restaurierte Bild kommt mit einem neuen Interpositiv-zu-HD-Transfer daher, der kaum Wünsche offenlässt. Den vielen positiven Aspekten des Bilds steht jedoch auch ein Wermutstropfen gegenüber. Da etwas zu hell gemastert wurde, empfiehlt es sich, auf dem Fernseher selbst die Helligkeitsstufe nachzujustieren. Davon abgesehen, erweist sich La dolce vita in prächtiger Form. Übermäßigen Einsatz von Filtern gab es nicht, der Schwarzwert sorgt für feine Darstellungen und Überfänge, kompressionsbedingte Störfaktoren fallen nicht auf. So gut hat dieser mehr als 50 Jahre alte Klassiker noch nie ausgesehen.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/la-dolce-vita