The Frankenstein Theory

"Da hinten, da war etwas..."

Eine Filmkritik von Martin Beck

Für jeden spannenden "Found Footage"-Film, der dem "Genre" (wenn man denn den besonderen formalen Rahmen als solches bezeichnen möchte) berechtigte Impulse verleiht, gibt es leider auch etliche Trittbrettfahrer mit der Lizenz zum Nerven. Weil die "Geschichte" schamlos kopiert, weil sich die Figuren ständig kabbeln, weil die "Found Footage"-Regeln gebrochen werden und weil die Kamera entweder wild herumwackelt oder in den entscheidenden Momenten immerzu ausfällt.
Vorhang auf für The Frankenstein Theory, der annimmt, dass Mary Shelleys Romankreatur auf Tatsachen basiert und in allen Punkten der Anklage schuldig gesprochen werden muss. Die Geschichte führt eine Forschertruppe unter der Führung von Professor Venkenheim (Kris Lemche) an den Nordpol, wo das Frankenstein-Monster angeblich zuletzt gesichtet wurde. Was dann folgt, ist exakt das, was auch schon zum Beispiel in The Blair Witch Project oder Troll Hunter zu sehen war: Knacksende Geräusche hinten links. Diskussionen zwischen den einzelnen Mitgliedern der Gruppe. Langsam ansteigende Panik. Erste Morde - allesamt off-screen -, gefolgt von noch mehr Panik und doofen Entscheidungen. Und am Ende dann schließlich die Auflösung, ganz ganz weit entfernt, und irgendwie mehr ein wildgewordener Neandertaler als das, was man sich unter Frankensteins Monster vorstellt.

Fairerweise darf festgestellt werden, dass die hier gezeigte Forschergruppe relativ erträglich bleibt und sich nicht in hysterische Zappeleien verstrickt. Exkursionen auf eigene Faust unternehmen sie aber trotzdem, Hilfe holt grundsätzlich nur einer, trotz völlig präsenter Todesgefahr bleiben alle in der zentralen verschneiten Hütte und irgendwie läuft ständig die Kamera, auch wenn man schon längst allen Ballast von sich werfen und richtig schnell rennen sollte. Was treibt diese Leute an, kommt da niemandem in den Sinn, dass die ganze Prämisse höchstens zu einer geführten Busfahrt an die Stadtgrenze ausreichen sollte?

Aber gut, kann man irgendwie noch schlucken, zusammen mit den tatsächlich stimmigen und nicht hoffnungslos verwackelten Bildern, die Regisseur Andrew Weiner aus der hübsch verschneiten Umgebung herausbekommt. Etwas schwieriger dann wird die Wartezeit auf den ersten Schock, der geschlagene 45 Minuten auf sich warten lässt. Die klaustrophobische Stimmung, die eigentlich ganz gut vermittelt wird, bekommt nachhaltige Dellen durch die anscheinend nicht allzu wertige Kamera, die bei JEDEM Angriff der Kreatur ausfällt. An sich ist es ja richtig, das Monster nicht ständig ins Bild zu zerren, aber die Erwartungshaltung erst bis zum Ende aufzubauschen und dann ein bisschen Grunzigrunzi zu bieten, eventuell noch nicht einmal vom "real deal", erzeugt schon eine gewisse Enttäuschung – gepaart mit einer gewissen Entgeisterung, dass an einigen Stellen tatsächlich ein unterstreichender Score zu hören ist.

Vielleicht sind es einfach nur die zahlreichen "Found Footage"-Filme, die die Erwartungshaltung erhöhen und hier den Daumen nach unten bewegen. Eine größere Teilschuld besteht aber sicher auch darin, dass The Frankenstein Theory einfach nicht allzu gut ist. Der grundlegende Ansatz bietet zwar interessante Möglichkeiten, doch letztendlich wird daraus nur eine weitere fehlgeleitete Expedition in die zerdehnte Wackelwildnis. Beim nächsten Mal vielleicht einfach eine funktionierende Steadycam einpacken und alles nur im Pulk machen, hm? Kaum zu glauben, dass diese "Found Footage"-Teams immer noch die gleichen Fehler wie die Blair Witch-Truppe machen...

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/the-frankenstein-theory