Eine pornographische Beziehung (DVD)

Reden und genießen

Eine Filmkritik von Martin Beck

Eine pornographische Beziehung ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswerter Film, und los geht das schon beim Filmtitel. Nicht einmal während der gesamten Laufzeit kommt einem der Gedanke, wann es denn jetzt endlich mal losgeht, das mit der Pornographie. Der Film zeigt sehr wohl Sex, aber nicht aus einem voyeuristischen Blickwinkel, sondern reflektiert, im Rahmen eines Interviews, das die beiden namenlosen Protagonisten, gespielt von Nathalie Baye und Sergi Lopez, Jahre nach dem Ende ihrer Beziehung geben.
Von Anfang an macht Regisseur Frédéric Fonteyne keinerlei Geheimnis um das Ende der Geschichte, was aber tatsächlich auch keine Rolle spielt. Eine pornographische Beziehung lebt von ihrem Zustand, nicht ihrer Entwicklung – auch wenn der Weg dorthin durchaus spannend ist. Weil er zeigt, dass sich zwei Menschen richtig sympathisch sein können, dass sie absolut harmonieren, und trotzdem keine gemeinsame Chance haben. Die Regeln des Spiels sind letztendlich wichtiger als der Mut, sich nicht nur körperlich, sondern auch emotional anzunähern.

Und so bleibt es ganz lange bei einem wöchentlichen Treffen zwischen Ihr und Ihm, einfach nur um Sex zu haben und zusätzlich nette Floskeln auszutauschen. Mit Ihrer Anzeige und Seiner Antwort haben sich die beiden zugleich alle Freiheiten gelassen und einen furchtbar engen Rahmen gesetzt. Man merkt sehr deutlich ihre Lust und ihren Charme, aber sobald etwas Persönliches ins Spiel kommt, wird entweder abgeblockt oder gestottert. Diese pornographische Beziehung ist so ehrlich wie nur möglich, und in letzter Konsequenz auch so verlogen wie möglich.

Wie kann man monatelang mit jemandem ins Bett steigen und trotzdem nichts über ihn wissen? Wäre es dann nicht irgendwann logisch, bezogen auf die (überaus angenehme) Lebensreife der Protagonisten, dass man sich einfach mal etwas öffnet und zumindest verrät, wo man wohnt? Das entscheidende Treffen der beiden entdet in Angst, Feigheit und falschen Gedanken, und beruft sich auf den seltsamen Gegensatz eines amourösen Abenteuers, dessen Reiz man sich nur innerhalb der eigenen Spielregeln sicher sein kann. Bloß keine Verpflichtungen, das hatten wir schon einmal zu oft.

Als Zuschauer hängt bei Eine pornographische Beziehung viel von der eigenen Einstellung zu dem Thema ab. Wer das Geschehen und die Motivationen nachvollziehen kann, wird hier zwei wunderbare Schauspieler erleben, die ihrer Beziehung feinfühlige Nuancen geben können und sich derselbigen bittersüßen Endlichkeit stets bewusst sind. Auf der Gegenseite dann ist es aber ebenso legitim, die Protagonisten als armselige Beziehungswracks einzustufen, die nicht nur paranoide Bindungsangst treibt, sondern auch die Scheu vor der eigenen Courage. Nach anfänglicher Harmonie reicht schon bald ein falsches Wort, um zum nächsten Treffen nur "vielleicht" zu kommen.

Eine pornographische Beziehung ist sowohl im besten als auch im schlechtesten Fall ein typisch französischer Film, der nicht einmal fragt, wie dieses nachträgliche Interview überhaupt möglich sein kann und sich ansonsten um erste-Welt-Probleme gut situierter Stadtmenschen dreht. Man redet und redet und redet, das Thema ist Sex und Sex und Sex, und die Personen dazu sind wahlweise extrem einfühlsam oder unfassbar egozentrisch. Zwischen Wahrheit und wortreich inszenierter Lüge, angeregter Diskussion und ermüdender Ziellosigkeit – so richtig los lässt einen der Film nicht, doch um hier wirklich einzutauchen, wäre es auf jeden Fall von Vorteil, nicht auf dem Land zu leben und am Ende auch noch glücklich verheiratet zu sein.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/eine-pornographische-beziehung-dvd