Das Massaker von Lidice

Was vom Leben übrig bleibt

Eine Filmkritik von Peter Osteried

In Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg wird das Massaker von Lidice als Beispiel für die menschenverachtende Grausamkeit des Systems häufig angeführt. Aber der kühle Ansatz einer Dokumentation erzeugt auch immer eine Barriere zum Zuschauer. Eine fiktionalisierte Aufarbeitung der Geschichte trifft jedoch direkt ins Herz. Das macht Das Massaker von Lidice zu einem nur schwer verdaubaren Film.
Nach dem Attentat auf Reichsprotektor Reinhard Heydrich wird als Vergeltungsmaßnahme das tschechische Dorf Lidice dem Erdboden gleichgemacht. Die Männer werden erschossen, die Frauen in Konzentrationslager gebracht, die Kinder verschleppt. Frantisek Síma weiß davon nichts. Er saß im Gefängnis. Doch dann wird er entlassen und will nach Hause zurückkehren…

Der Film zeigt die Schönheit des tschechischen Landlebens, setzt sie jedoch in krassem Kontrast mit dem, was kommt. Indem er sich Zeit lässt, das Dorfleben zu porträtieren, wirkt die Auslöschung Lidices noch aufwühlender. Die authentische Darstellung macht das Geschehen nur schwer ertragbar, weil es dem Film gelingt, den Zuschauer in die Geschichte zu involvieren. Eine besondere Tragik erhält die Geschichte, weil die Hauptfigur Frantisek (großartig: Karel Roden) gar nicht ahnt, was mit seiner Heimat geschieht. Man hat ihm gegenüber einen Wissensvorsprung, der für ein zusätzliches Spannungsmoment sorgt. Frantiseks Geschichte gipfelt dann in einen herzzerreißenden Moment, in dem er danach trachtet, den Bewohnern seines Dorfes nachzufolgen.

Das Massaker von Lidice zeigt, wie Geschichte lebendig gestaltet werden kann. Indem man die Eckdaten nimmt, aber durch fiktionalisierte Figuren einen Bezugspunkt für das Publikum schafft. Keine leichte Kost, aber ein großer Film mit emotionaler Bandbreite.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/das-massaker-von-lidice