Der Mann in der Schlangenhaut

Ein Vogel ohne Beine kann nirgendwo landen

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Das Stück von Tennessee Williams, auf dem Der Mann in der Schlangenhaut basiert, war auf der Bühne ein Misserfolg. 1940 schaffte es die Show nicht mal bis zum Broadway, 17 Jahre später debütierte das überarbeitete Stück schließlich dort, war jedoch erfolglos. Erst Ende der 80er Jahre war es dann auf der Bühne erfolgreich. Im Kino knisterte es schon 1959 zwischen Marlon Brando und Anna Magnani – allerdings nur vor der Kamera, sehr zur Enttäuschung der alternden Diva.
Val Xavier (Marlon Brando) will sein unstetes Leben hinter sich lassen. Er landet in einer kleinen Ortschaft, wo er gleich mehreren Frauen den Kopf verdreht. Carol Cutrere (Joanna Woodward) will ihm nahe sein, während er bei der sexuell frustrierten Lady Torrance (Anna Magnani) Arbeit findet. Aber als sich beide ineinander verlieben, erfährt ihr todkranker Mann Jabe davon.

Marlon Brando wollte den Film eigentlich nicht machen, ihm blieb aber des Studiosystems und seines Kontrakts wegen keine Wahl. Anna Magnani hätte lieber ihren Liebhaber Anthony Franciosa in der männlichen Hauptrolle gesehen, aber der war dem Studio zu unbekannt. Wo der Film von der Chemie der beiden Hauptdarsteller lebt, flogen hinter den Kulissen die Fetzen. Magnani war an Brando interessiert, der wiegelte jedoch ab, da sie ihm nicht attraktiv genug war. Tennessee Williams beschwerte sich wiederum über Brando, da er der Meinung war, er würde die Dialoge absichtlich verschleifen, um es Magnani, die ihren Text phonetisch gelernt hatte, schwerer zu machen.

All das merkt man Der Mann in der Schlangenhaut jedoch nicht an. Der Film lebt von elektrisierenden Darstellungen, wobei der große Marlon Brando von Anna Magnani sogar in den Schatten gestellt wird. Magnanis Rolle einer frustrierten, ungeliebten Frau ist grandios, wird aber besonders durch das Zusammenspiel mit Victor Jory als tyrannischem Ehemann erhöht. Die Stärke von Williams' Stücken – und den darauf basierenden Filmen – ist seine exakte Betrachtung einer menschlichen Tragödie. Seine Geschichten vibrieren vor sexueller Spannung. Er erzählt Geschichten, wie sie seinerzeit schockierender kaum hätten sein können. Der Film trägt dem Rechnung. Der Mann in der Schlangenhaut wirkt weniger wie amerikanisches Kino der 1950er Jahre. Vielmehr steht Sidney Lumets Werk in der Tradition europäischer Filmemacher. Er wagt mehr in seiner an "Orpheus und Eurydike" angelegten Geschichte, die Realismus opfert, um von Figuren zu erzählen, die größer als das Leben selbst sind.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/der-mann-in-der-schlangenhaut