The Echo

Stimmen aus der Zwischenwelt

Eine Filmkritik von Lida Bach

"Schrei" übersetzt sich der Titel der 2004 erschienenen Originalversion von Yam Laranas Sigaw. Dessen Umbenennung tut jedoch mehr, als eine Verwechslung mit der gleichnamigen Kino-Serie zu vermeiden. Sie sensibilisiert den Zuschauer für das verkappte Grauen des amerikanischen Remakes, das zuerst ein Psychokrimi scheint. The Echo ist der Nachhall eines Schreckens, der zu verbreitet ist, um zu entsetzen. So empfinden es wenigstens die Nachbarn in dem maroden Wohnblock, in dem Bobby das Apartment seiner verstorbenen Mutter bezieht: Tür an Tür mit einem Horror, der immer heftiger um Einlass bittet.
Alle anderen Mieter sind taub für die beunruhigenden Laute, die dem stillen jungen Mann (Jesse Bradford) keine Ruhe lassen, denn ihre Ursache ist bedrückend real. In Zimmer 517 misshandelt ein gewalttätiger Polizeibeamter regelmäßig seine Frau (Iza Calzado) und die kleine Tochter (Jamie Bloch). Sie flüchtet eines Nachts aus dem verrufenen Zimmer am Ende des Flurs zu Bobby. Nur ein paar Zentimeter Wand trennen den Hauptcharakter und den aggressiven Walter (Kevin Durand), doch an solche Zustände ist Bobby gewohnt. Die letzten Jahre verbrachte er im Gefängnis und fühlt daher verständlichen Widerwillen gegen den brutalen Gesetzeshüter. Um seine Bewährungsauflagen zu erfüllen und eine feste Bleibe vorzuweisen, begibt Bobby sich ausgerechnet an einen Ort, der auf eigene gespenstische Art beklemmender ist als eine Zelle. Eine solche wurde das Apartment für Bobbys Mutter. Vor ihrem Tod schloss sie sich tagelang in die Wohnung ein. Beim Aufräumen dort findet ihr Sohn immer bizarrere Hinweise auf brutale Ereignisse. Im Badezimmer entdeckt er Dosen voller Tabletten, in einem der Schränke nimmt er einen modrigen Geruch war und aus einem Papiertuch wickelt er menschliche Fingernägel.

Die morbide Hinterlassenschaft und das ominöse Mietshaus-Setting scheinen ein direkter Verweis auf einen anderen Mieter; Roman Polanski, dessen klaustrophobischem Meisterwerk die gelungene Gruselstory ihre Referenz erweist. The Echo zielt auf dieselbe Beklemmung beim Zuschauer ab, auch wenn Laranas englischsprachiges Debüt gewiss einige Etagen tiefer liegt. Der philippinische Regisseur übernimmt die Handlung seines eigenen Originals nicht einfach, sondern lässt sie durch die Drehbuchautoren Eric Bernt und Shintaro Shimosawa weiter ausfeilen. Die höheren Produktionsgelder fließen hauptsächlich in das düstere Szenenbild und nur zu geringem Teil in halbseidene Gruseleffekte, mit denen es das Ende leider übertreibt. Der Reiz des Films, der vier Jahre auf einen Verleih warten musste und es lediglich ins DVD-Regal schafft, liegt in der Uneindeutigkeit des Szenarios. Es ereignet sich womöglich allein in Bobbys Kopf, den er schon einmal bei einem folgenschweren Gewaltausbruch verlor.

Sein Arbeitgeber Hector (Carlos Leon) und Ex-Freundin Alyssa (Amelia Warner) geben ihm dennoch eine zweite Chance. Doch auch ihr Vertrauen bröckelt mit der Beherrschung Bobbys. Für ihn ist das Guckloch an der Wohnungstür buchstäblich ein Spion und zeigt ihm auf dem Flur wie auf einer Bühne die Protagonisten des Familiendramas in Nummer 517 - obwohl der Hausverwalter behauptet, das Zimmer stünde leer. Umso mehr lässt The Echo Bobby aufhorchen. Das gleiche sollten bei dem effektiven Horrorstreifen auch Genre-Fans tun.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/the-echo