Phantom of the Opera

Der Engel der Musik im Horrorgewand

Eine Filmkritik von Peter Osteried

1988 hatten sich Yoram Globus und Menahem Golan getrennt. Golan gründete die Firma 21st Century und suchte nach lukrativen Stoffen. Dass Gaston Leroux‘ Roman Das Phantom der Oper zu einem erfolgreichen Musical transformiert worden war, blieb dem geschäftigen Golan nicht verborgen. So beschied er, eine neue Film-Version von The Phantom of the Opera zu produzieren, darauf hoffend, dass die Musical-Fans neugierig werden. Das Horror-Publikum vergaß er aber auch nicht, weswegen die Titelrolle mit Robert Englund besetzt wurde.
Es ist die altbekannte Geschichte: Das Phantom hat sich in die Stimme von Christine Day (Jill Schoelen verliebt und verschafft ihr eine Hauptrolle, indem es dafür sorgt, dass die Diva La Carlotta nicht auftreten kann. Um ihren Erfolg zu sichern, tötet das Phantom weiter. Aber natürlich verliebt sich Christine in einen anderen Mann, was das Phantom erzürnt.

Der großteils in Ungarn gedrehte Film besitzt auch noch eine Rahmenhandlung. Die Geschichte beginnt im modernen Manhattan, wo Christine für eine Opernrolle vorsingt und bei einem Unfall das Bewusstsein verliert. Was folgt, könnte man als einen Traum abtun, würde das Ende das Phantom nicht in die Gegenwart transportieren. Geplant war, ein Sequel (Arbeitstitel: The Phantom of New York) zu produzieren, dazu kam es aber nie.

Dwight H. Littles Film orientiert sich stark an Leroux‘ Vorlage, allerdings wird das Ganze komprimiert. Die Liebelei zwischen Christine und ihrem Richard wird kaum gezeigt und dann einfach behauptet. Fast wirkt es so, als würde ein Teil des Films fehlen. Was auch fehlt, ist eine Szene, die es wohl in jeder Verfilmung des Stoffs gibt: der herabstürzende Kronleuchter. Die Golan-Produktion konnte sich einen solchen Kronleuchter nicht leisten, weswegen das Skript noch einmal umgeschrieben werden musste.

Als Verfilmung des Romans funktioniert Phantom of the Opera an sich ganz gut, was vor allem daran liegt, dass der Film in der Tradition des Gruselkinos des britischen Studios Hammer daherkommt. So hält man sich zwar an die Grundzüge der Geschichte, klopft sie aber auf alle vorhandenen Horror-Elemente ab, um den Genre-Fan mit entsprechender Effektkunst auch zufriedenzustellen. Das täuscht aber auch nur halbwegs darüber hinweg, dass Lücken in der Erzählung bestehen (woher kennt Christine den Text der unvollendeten Oper des Phantoms?) und die Rahmenhandlung im Grunde gänzlich überflüssig ist.

Im Großen und Ganzen präsentiert sich Littles Film als klassisches Gruselkino, dem gut zu Gesicht steht, dass die Besetzung tatsächlich hochkarätig ist. Damals war Bill Nighy noch hauptsächlich auf der Theaterbühne tätig, in einer Nebenrolle bereichert er diese Produktion aber ungemein.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/phantom-of-the-opera